Beweisaufnahme: PR-Berater Rudi Fußi (rechts) macht am Handelsgericht in Wien ein Handyfoto von seinem Kläger Vizekanzler Heinz-Christian Strache.

Foto: APA/ Hans Punz

Richter Jürgen Exner eröffnet das Verfahren mit dem prominenten Kläger Heinz-Christian Strache im Wiener Handelsgericht mit einem Geständnis: "Ich habe kein Twitter und kenne mich damit auch nicht aus." In dem Prozess geht es ausgerechnet um einen Tweet. Dieser stammt von Rudi Fußi, bekannt als zumeist roter PR-Berater mit Hang zur Polemik, und gefällt FPÖ-Chef Strache überhaupt nicht.

Strache am Esstisch

Fußi hatte im August ein Foto gepostet, auf dem Strache zu sehen ist, wie er in einem Gasthaus mit einer Männerrunde vor leeren Tellern der Essensausgabe harrt. Teil dieser Männerrunde sind auch zwei mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Identitären, die im Bild optisch hervorgehoben sind. Fußi hatte das Foto mit den Worten "Strache beim gemütlichen Zusammensein mit Identitären-Kader" überschrieben. Strache will das so nicht stehenlassen, er klagt Fußi auf Unterlassung und fordert Schadenersatz für die erlittene Kränkung.

Strache glaubt, wie er dem Richter anfänglich darlegt, dass es sich bei dem Foto um eine Fälschung handelt. Weder das Lokal noch seine hungrigen Begleiter kann der Vizekanzler erkennen, woraus er schließt, dass sein Antlitz in das Foto "hineinmontiert" wurde. Fußis Darstellung hält Strache für "grundsätzlich falsch", denn mit den Identitären-Kadern gebe es keine Verbindung – keine "bewusste Verbindung", formuliert er etwas mehrdeutig.

Eifriger Poster

Für die Identitären interessiert sich der Richter sogleich etwas genauer: "Was stört Sie denn so, wenn Sie mit den Identitären in Verbindung gebracht werden?", will Exner vom FPÖ-Chef wissen. Er beschäftige sich zwar nicht sonderlich mit den Identitären, erklärte Strache, lese aber die Zeitungen. Und da werde "in der öffentlichen Wahrnehmung" – insbesondere "vom politischen Mitbewerber" – der Eindruck erweckt, die Identitären seien "im extremistischen Bereich sozusagen tätig", berichtet der FPÖ-Chef. Fußis Anwältin Maria Windhager hakt bei Straches wortreichen Ausführungen ein und verweist darauf, dass er selbst bis 2016 immer wieder Inhalte der Identitären auf Facebook geteilt habe. Strache bestreitet das nicht. Er poste auf Facebook eben viel, meint er. Seit 2016 habe sich die FPÖ allerdings klar abgegrenzt.

Windhagers Trumpf

Windhager belässt es dabei und spielt nun ihre beste Karte im Prozess aus. Sie zieht eine Serie von Farbfotos aus der Tasche, aus denen die Authentizität des inkriminierten Twitter-Bildes klar hervorgeht. Die Fotoserie wurde 2015 im Gasthaus "Las Legas" in Spielfeld angefertigt und zeigt den FPÖ-Chef an verschiedenen Orten des Lokals, unter anderem an besagtem Tisch.

Zufällig am Tisch

Strache diagnostiziert nach eingehendem Bildstudium: "Dann wird es sich wohl um keine Fälschung handeln." Dennoch sei Fußis Darstellung, wonach es ein gemütliches Beisammensein mit Identitären-Kadern gegeben habe, falsch. Folgendes habe sich nämlich im Las Legas zugetragen: Zuerst habe er sich mit dem Lokalbesitzer – einer laut Strache "steirischen Legende" – vertraut gemacht. Danach habe er mit FPÖ-Kollegen gespeist. Die Anwesenheit von Identitären am selben Tisch erklärt der Vizekanzler damit, dass diese sich "offenbar angereiht haben, weil das offenbar ein langer Tisch ist". Wer aller mit ihm an einem solchen Tisch sitze, könne er nicht bewerten.

Fußi sieht das anders und gibt dem Vizekanzler hämisch zu bedenken: "Da muss man halt besser aufpassen." Derartige Empfehlungen gehen dem Richter entschieden zu weit: "Es ist ungebührlich, dem Kläger Ratschläge zu erteilen", maßregelt er Fußi. Die Etikette von Fußi wird allerdings nicht mehr lange auf die Probe gestellt, denn Strache verlässt noch vor Abschluss der Verhandlung den Saal und überlässt seinem Anwalt Michael Rami das Feld. Der hält die Klage aufrecht, lässt aber den Vorwurf der Fotofälschung fallen. Er will noch prüfen, ob es sich bei einem der Abgebildeten tatsächlich um den hochrangigen Identitären Patrick Lenart handelt. Für Fußi und seine Anwältin besteht da kein Zweifel. Ein Urteil wird es im April geben.

SPÖ wettert gegen Strache

Schon vor dem Urteil übt die SPÖ wenige Stunden nach Prozessende herbe Kritik an Strache und fordert Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dazu auf, den Vizekanzler zu entlassen. "Ein Vizekanzler, der bessere Beziehungen zu Rechtsextremen als zur Wahrheit hat, ist seines Amtes nicht würdig", sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. "Kanzler Kurz hat die Konsequenzen zu ziehen und dem Bundespräsidenten die Entlassung des Vizekanzlers vorzuschlagen", insistiert Drozda in einer Aussendung. (Theo Anders, 17.1.2019)