Kinshasa / Addis Abeba – Nach der umstrittenen Präsidentenwahl in der Demokratischen Republik Kongo ist Oppositionsführer Felix Tshisekedi offiziell zum Sieger erklärt worden. Das Verfassungsgericht lehnte eine Klage des unterlegenen Kandidaten Martin Fayulu am Sonntag ab. Mehrere Staaten in der Region erkannten Tshisekedis Wahlerfolg an, die EU bekräftigte hingegen ihre "ernsthaften Zweifel".

Tshisekedi sei mit einfacher Mehrheit zum Präsidenten gewählt worden, verkündete der Präsident des Verfassungsgerichts, Benoît Lwamba Bindu. Die Klage des Zweitplatzierten Fayulu wies das Gericht als unbegründet zurück.

Laut dem Zeitplan der Wahlkommission könnte Tshisekedi am Dienstag vereidigt werden. Der 55-Jährige tritt die Nachfolge des langjährigen Machthabers Joseph Kabila an. Er ist Vorsitzender der Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt (UDPS), der ältesten und größten Oppositionspartei des Landes.

Tshisekedi war von der Wahlkommission bereits am 10. Jänner überraschend zum Wahlsieger erklärt worden. Demnach erhielt er 38,57 Prozent der Stimmen, knapp gefolgt von Fayulu mit 34,8 Prozent. Der von Kabila auserkorene Nachfolger, Ex-Innenminister Emmanuel Ramazani Shadary, kam demnach nur auf 23,8 Prozent.

Konkurrenz und Kirche kritisieren

Fayulu sowie die einflussreiche katholische Kirche äußerten umgehend Zweifel an dem provisorischen Ergebnis. Fayulu sprach von einer von Kabila und Tshisekedi eingefädelten "Putschwahl". Er rief das Verfassungsgericht an, um die Annullierung des vorläufigen Wahlergebnisses durchzusetzen.

In der Urteilsbegründung erklärte Verfassungsrichter Noël Kilomba, Fayulu habe "nicht den Beweis erbracht", dass das von der Wahlkommission verkündete Ergebnis nicht der Realität entspreche. Die Forderung nach einer Neuauszählung der Stimmen sei "absurd".

Fayulu appellierte am Sonntag an die internationale Gemeinschaft, Tshisekedi nicht als Präsidenten anzuerkennen. Er selbst sei "der einzig rechtmäßige Präsident", da er 61 Prozent der Stimmen erhalten habe.

Eine EU-Sprecherin sagte am Sonntag, die EU nehme die Entscheidung des Verfassungsgerichts zur Kenntnis. Sie erinnerte zugleich an die Erklärung der Afrikanischen Union vom Donnerstag, wonach es "ernsthafte Zweifel" an den veröffentlichten Ergebnissen gebe. Die EU-Sprecherin rief alle Seiten auf, Zurückhaltung zu üben und auf Gewalt zu verzichten.

AU-Präsident Kagame will in den Kongo reisen

Die AU hatte am Donnerstag verlangt, die Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses zu verschieben. In Kürze wollte der Staatenbund eine Delegation unter Führung von AU-Präsident Paul Kagame nach Kinshasa schicken. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts wurde die Reise verschoben, wie eine AU-Sprecherin sagte.

Rückendeckung erhielt Tshisekedi von der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC). Die aus 16 Staaten bestehende Organisation gratulierte ihm am Sonntag und rief zu einem friedlichen Machtwechsel auf. Auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa erkannte Tshisekedis Wahlsieg an. Er rief dazu auf, die Entscheidung des Verfassungsgerichts zu respektieren.

Unmittelbar vor der Bestätigung des Wahlergebnisses wurde landesweit das Internet wiederhergestellt. Einen Tag nach der Wahl waren der Zugang zu sozialen Netzwerken und der SMS-Versand blockiert worden.

Wegen des Streits wuchs international die Sorge vor einer Eskalation im Kongo. Das Land hat seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1960 noch nie einen friedlichen Machtwechsel erlebt und ist eines der instabilsten Länder Afrikas. Die Wahl hätte laut Verfassung eigentlich schon vor zwei Jahren stattfinden müssen. Da sich der seit 2001 regierende Kabila jedoch weigerte, nach zwei Amtszeiten abzutreten, wurden sie mehrfach verschoben. Proteste dagegen wurden blutig niedergeschlagen. (APA, 20.1.2019)