Windig ist es, zieht den Hut ins Gesicht, schlagt den Mantelkragen hoch. Bei uns herrscht ja jetzt ein anderer Wind, ein anderer Wind herrscht jetzt. Wer nicht spürt, was für ein Wind da weht, der braucht sich mit Politik nicht zu beschäftigen. Da weht die Niedertracht und die Sprache der Gehässigkeit. Eine Gefühlsrohheit, die davon kommt, wenn man sich die Welt als Kampf aller gegen alle ausmalt und sich dann einredet, dass die kleinen und die größeren Privilegien, die man hat, einem schon zustehen, und den anderen, denen stehen die Krümel, die sie abbekommen, nicht zu.

Da darf man dann höhnen über alle, die uns angeblich auf der Tasche liegen, man darf sich mit seinem Geld ja nie zufriedengeben, sondern muss sich eine Philosophie zurechtlegen dazu, die kriegt man dann dazu, dass man das schon verdient hat, und die anderen haben nichts verdient, also außer unseren Hohn, außer unsere Verachtung, die haben die verdient, wir haben's gut mit unserem Guthaben, und mit Guthaben ist man gut, das steckt ja schon im Wort drin, und die ohne Guthaben sind sicher schlechte Menschen, wer kein Guthaben hat, ist ein schlechter Mensch, ist moralisch zu verurteilen, steht ja bestimmt spät auf am Morgen. "'Arm' und 'schlecht' – das sind für sie dieselben Begriffe", das wusste schon der große Kurt Tucholsky. "Hass, Ekel und Verachtung gegen alle, die nicht derselben ökonomischen Schicht angehören", eine "Gefühlsrohheit" nannte er das. "Herzensrohheit."

Mit dieser 582. Ausgabe von "FS Misik" geht das endlos mäandernde Gerede nach 11,192307 Jahren doch zu Ende. Es war mir eine große Freude mit euch allen, ich bedanke mich beim STANDARD und insbesondere bei all jenen, die diese wunderbare Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren möglich gemacht haben. Ob und, wenn ja, in welcher Form ich diese Reihe oder eben etwas Vergleichbares weitermache, habe ich noch nicht endgültig entschieden – aber ich würde mich jedenfalls freuen, wenn wir uns weiter sehen. Schauen Sie doch einfach auf meiner Website misik.at vorbei oder abonnieren Sie mich auf Facebook oder auf Twitter.

Herzlich,
Ihr Robert Misik