Die Türen, als Zuckerl verpackt. Die Berliner Band veröffentlicht am Freitag ihr fünftes Album. Es heißt Exoterik. Ob das was kann? Aber wie.

Ein Doppelalbum ist fad, das kann jeder. Also legen Die Türen noch eins drauf. Ihr am Freitag dieser Woche erscheinendes Album Exoterik ist ein Dreifach-LP. Dicke Hose, wie man sagt, aber über dünnen Beinen.

Das klingt auf Verbraucherseite mit einem von Spotify geeichten Speicherplatz von drei Sekunden im Resthirn natürlich so, als müsste man sich mindestens eine Woche Urlaub nehmen, um das Werk halbwegs in den Griff zu kriegen. Ja, aber warum denn nicht? Schließlich macht es einem Exoterik leicht, sich diese Zeit zumindest theoretisch zu nehmen. Es ist nämlich ziemlich super.

Autorität verströmend

Die Türen sind – wer hätte das gedacht? – eine deutsche Band. Die Witze bezüglich The Doors dürften sie alle schon einmal gehört haben, also sparen wir uns den Platz. 2003 gründete die Berliner Formation ein Label mit dem Autorität verströmenden Namen Staatsakt, um die eigene Musik unters Volk zu bringen.

Die Türen mit Miete Strom Gas.
staatsakt label

In den folgenden Jahren erwies sich Staatsakt als Keimzelle für ein paar tolle Gruppen und Künstler. Im Katalog des Labels findet man Arbeiten von Christiane Rösinger, Die Sterne, Ja, Panik, Mediengruppe Telekommander und Bonaparte, aber auch der eher untollen Isolation Berlin – macht nischt.

Volle Versprechen

Die Türen sind Gunther Osburg, Ramin Bijan, Maurice Summen, Andreas Spechtl und Chris Imler; Exoterik ist ihr fünftes Album. Die Band ergeht sich darauf in schöner Sloganmusik. Diese Parolen schlagen sich in knackigen Titeln wie Keine Angst, Miete Strom Gas oder Rave Regime nieder. Das kennt man, diese toll klingenden Titel. Oft ist es das aber schon gewesen. Nicht bei diesen Türen.

Die Türen mit Information: Berlin grüßt Manchester.
staatsakt label

Hier kommt nach dem Versprechen auf Türschild tatsächlich eine entsprechende Wohnung. Stilistisch bieten Die Türen eine eloquente Mischung aus Elektronik, Krautrock und Pop. Zwar böte eine dreifache LP viel Platz, um ins Uferlose zu kippen, das versagt sich die Band jedoch. Die Songs sind auf den Punkt, die Verdichtungskunst aus dem Punk schimmert da durch, deutsche Sachlichkeit ebenso. Und selbst wenn man sich für ein Lied wie Lieber Gott 13 Minuten lang Zeit nimmt, schläft dem Publikum nicht das Gesicht ein.

Wider die Algorithmusmusik

Bloß das abschließende Irgendwo hingelegt, das einem eine Viertelstunde Lebenszeit abverlangt, wäre bei halb so langer Spielzeit ebenfalls okay, wenn nicht sogar besser. Die Türen kochen den Titel aber zu einem Dub-Jazz-Jam hoch, der im Ergebnis ein bisserl zu sehr L'art pour l'art ist. Menschen sind seltsam.

Umgekehrt lässt sich ein Song wie dieser wie eine Schutzimpfung gegen die epidemische Algorithmusmusik deuten. Und welcher echte Music Lover möchte das nicht gern unterstützen? In diesem Sinne abgenickt und wahrscheinlich ein Meisterwerk. (Karl Fluch, 22.1.2019)