Wien – Nachdem SOS Mitmensch am Dienstag mit renommierten Wissenschaftern einen Bericht präsentiert hat, der antimuslimischen Rassismus in Österreichs Politik dokumentiert, lässt die Organisationen das mehr als 40-seitige Konvolut allen Parteivorsitzenden im Bund wie in den Ländern zukommen. Sinn und Zweck der Aktion: Dass künftig Volksvertreter aller Couleur den einschlägigen Entgleisungen der FPÖ entgegentreten – und dieses Bemühen müsse Chef- und Chefinnensache werden.

Alexander Pollak von SOS Mitmensch: "Die Hasskampagnen gegen Menschen alleine aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit haben ein Ausmaß und eine Dichte erreicht, die vor einigen Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre."
Foto: APA / Hans Punz

Wie berichtet, hat die NGO zwanzig blaue Kampagnen aus dem Jahr 2018, meist über Social Media gestartet, zusammengetragen und analysiert. So wurden etwa die vielen Staatsbürgerschaftsverleihungen an Muslime in Wien skandalisiert – und mit äußerst selten anzutreffenden Niqab-Trägerinnen illustriert. Die Ankündigung der Indexierung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland wiederum wurde mit Fotos von kopftuchtragenden Frauen versehen, obwohl die Kürzung vor allem auf Arbeitnehmer aus den östlichen EU-Staaten abzielt.

Zunehmende Dichte an propagierten Vorurteilen

Alexander Pollak von SOS Mitmensch erklärte, die untersuchten Kampagnen seien nur "die Spitze des Eisbergs" – und mit dem Regierungseintritt der FPÖ beteiligten sich mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache oder Sozialministerin Beate Hartinger-Klein nun hochrangige Mitglieder der Regierung an dieser Art von Stimmungsmache. Pollaks Fazit: "Die Hasskampagnen gegen Menschen alleine aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit haben ein Ausmaß und eine Dichte erreicht, die vor einigen Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre."

Politikwissenschafter Anton Pelinka konstatierte, dass die antimuslimische Stimmung kein Randphänomen mehr sei, sondern im Mainstream und damit in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Am Beispiel des Kopftuchverbots für Mädchen in Kindergärten erklärte er in Anspielung auf die nichteruierbare Zahl an Betroffenen, dass mitunter sogar "Probleme erfunden und aufgebauscht werden", um weiter "Angst zu erzeugen".

Historiker Peter Melichar qualifizierte den SOS-Bericht als "Nachweis, dass eine politische Partei systematische Hetze gegen einen Teil der österreichischen Bevölkerung" betreibe. (Nina Weißensteiner, 22.1.2019)