Neue Wearables sollen es ermöglichen, die Feinstaubbelastung etwa mittels eines Fitnessarmbands zu messen.

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Graz/Villach – Geschwindigkeit, Herzfrequenz, Kalorienverbrauch: Läufer, Radfahrer und andere Sportler, die mit Fitnessarmbändern oder Smartwatches unterwegs sind, schätzen die Daten, die die mobilen Geräte über Leistung und Gesundheit des Körpers zusammenstellen. Das Prinzip wäre aber durchaus noch erweiterbar – zum Beispiel um eine Sensorik, die anzeigt, wie "gesund" eigentlich die Luft ist, die man bei der Anstrengung tief in die Lungen zieht. Die Wearables könnten etwa messen, wie hoch die Feinstaubbelastung vor Ort ist, und so beispielsweise die Wahl der Laufroute beeinflussen.

Der Feinstaubsensor im Fitnessarmband ist eine Anwendung, die aus dem Forschungsprojekt Efipas resultieren könnte. In zweijähriger Arbeit wollen Forscher des Instituts für Elektronische Sensorsysteme der TU Graz und des Kärntner Forschungszentrums CTR (Carinthian Tech Research) gemeinsam mit dem Chiphersteller AMS ausloten, ob man Sensoren für Feststoffaerosole bauen kann, die auf einem Mikrochip Platz finden. Bisher stehen derartige Messinstrumente nur als separate Gerätschaften zur Verfügung, die zumindest Zündholzschachtelgröße haben. Als Chip könnten sie dagegen einfach und günstig in jede Art elektronischer Systeme eingebaut werden. Gefördert wird das Projekt von den Ländern Kärnten und Steiermark.

Neues Messprinzip

"Bisherige Sensoren nutzen etwa Laserlicht, das an den Partikeln messbar gestreut wird, und Filter, die die Aerosole auffangen, oder sie versehen die Teilchen mit einer Ladung, sodass sie auf elektrischem Weg gemessen werden können", zählt Andreas Tortschanoff, Senior Researcher bei CTR, auf.

Das Messprinzip hinter der neuen, chipintegrierten Feinstaubmessung würde sich aber grundsätzlich von diesen Methoden unterscheiden. Denn Tortschanoff und Kollegen wollen erkunden, ob das sogenannte Evaneszenz-Feld-Prinzip für diese Anwendungen infrage kommt. "Im Projekt soll zuerst einmal die grundsätzliche Machbarkeit abgeklärt werden", sagt der Forscher.

Evaneszenz beschreibt das Phänomen, dass elektromagnetische Wellen auch hinter jenen Oberflächen anzutreffen sind, auf denen sie entstehen. Reflektiert ein Spiegel Lichtstrahlen, ist der Lichtanteil hinter der reflektierenden Schicht nicht gleich null, ein geringer Anteil ist zwar auch dahinter anzutreffen, er nimmt exponentiell ab. Konventionelle Physik kann diesen Effekt nicht erklären, erst die Berücksichtigung wellenoptischer Effekte macht ihn greifbar. "Der Effekt hat etwa zur Folge, dass Glasfaserleitungen durch eine spezielle Ummantelung geschützt werden müssen, damit das evaneszente Feld nicht mit der nahen Umgebung interagiert", führt Tortschanoff als Beispiel für die Bedeutung an.

Partikel interagieren

Das Phänomen wird bereits für Anwendungen in der Mikroskopie und in der chemischen Analytik genutzt, etwa um bestimmte Biomoleküle nachzuweisen. Um das Prinzip auf die Feinstaubbestimmung zu übertragen, wird der Umstand genutzt, dass die Partikel mit dem evaneszenten Feld rund um einen Lichtleiter interagieren und es verändern.

Diese Art der Beeinflussung ist messbar: Die Eigenschaften des am Ende des Leiters ankommenden Lichts werden analysiert. "Aus der Intensität des Lichts bei verschiedenen Wellenlängen kann auf das Vorhandensein von Feinstaub am Lichtleiter geschlossen werden", erklärt Tortschanoff.

Am Ende des Projekts soll ein Demonstrator stehen – ein Chip, der die Machbarkeit grundsätzlich belegt und die Funktionsweise in vereinfachter Form vorführt. Die Lichtquelle ist dann also vielleicht noch extern und nicht am Chip integriert. Erste Simulationen und die Layouts für Testchips sind bereits vorhanden, erklärt Tortschanoff den Status quo nach einem halben Jahr im Projekt. Bestätigt sich die Anwendbarkeit, könnte das Fitnessarmband bald vorschlagen, beim Laufen doch in eine Seitengasse einzubiegen, um der hohen Feinstaubbelastung an der Hauptstraße zu entgehen. (pum, 11.2.2019)