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Die Geburt des ersten Kindes hat einen großen Einfluss auf Gehälter von Frauen in den Jahren nach der Geburt.

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Frauen verdienen weniger als Männer. Das ist eine seit gut 200 Jahren wissenschaftlich beobachtete Tatsache. Die genauen Ursachen des Phänomens und vor allem, was sich dagegen tun lässt, ist aber unter Experten bis heute heftig umstritten.

Eine Gruppe von Wissenschaftern hat nun eine Studie darüber vorgestellt, welchen Einfluss die Geburt eines Kindes auf den Gender-Pay-Gap hat. In dem Paper, an dem unter anderem Henrik Kleven von der Universität Princeton und Josef Zweimüller von der Uni Zürich mitgearbeitet haben, wird verglichen, wie sich die Gehälter von Frauen und Männern nach der Geburt des ersten Kindes in verschiedenen Ländern entwickeln.

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Foto: Kleven et al.

Die Studienautoren haben dafür Daten aus Österreich, Deutschland, Schweden, Dänemark, Großbritannien und den USA analysiert. Eine Geburt bedeutet in jedem dieser Länder für Frauen, dass sie in den Folgejahren weniger verdienen. Wobei es enorme Unterschiede gibt.

Interessant ist die Langzeitbetrachtung. Selbst zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes liegt das Erwerbseinkommen von Frauen in Österreich im Schnitt um 51 Prozent unter dem Wert ein Jahr vor der Geburt. In Deutschland beträgt die Differenz 61 Prozent. In beiden Ländern erleiden dagegen Männer gar keine Einbußen.

In allen anderen Ländern sind die Verluste von Frauen deutlich geringer: In Schweden liegt das Einkommen einer Frau zehn Jahre nach der Geburt um 27 Prozent unter dem Wert im Jahr davor. In Dänemark sind es 21 Prozent. Im Vereinigten Königreich und in den USA verlieren Frauen zwar etwas mehr als in den skandinavischen Ländern, aber deutlich weniger als in Österreich und Deutschland.

Reduzierte Arbeitszeit

Der größte Teil der Einbußen entsteht, weil die Mütter die Arbeitszeit reduzieren, sagt der Co-Autor der Studie Josef Zweimüller. Viele Frauen kehren nur in Teilzeit auf den Arbeitsmarkt zurück, manche gar nicht. Camille Landais von der London School of Economics, ebenfalls ein Co-Autor, fügt hinzu, dass weitere Faktoren dazukommen dürften. So verschlechtern sich die Aufstiegschancen für Frauen in Unternehmen nach einer Geburt. Woran das exakt liegt, untersucht er derzeit.

Dass Mütter weniger arbeiten und entsprechend weniger verdienen, ist mit Studien bereits belegt worden. Die starken Länderunterschiede und die hohen Einbußen in Österreich, selbst zehn Jahre nach der Geburt, sind aber erstaunlich. Interessant ist, dass es keine Bedeutung hat, wie lange Frauen nach einer Geburt vom Arbeitsmarkt wegbleiben.

In den politischen Diskussionen lautet der Tenor ja oft, dass es für die langfristige Jobperspektive von Frauen besser ist, wenn sie schnell wieder in das Arbeitsleben zurückkehren. Dadurch finden sie schneller Anschluss und erleiden im Unternehmen weniger Nachteile.

Die Dauer der Babypause

Im Zuge der Studie wurde analysiert, wie sich Reformen des Karenzgeldes in Österreich auf die Gehälter ausgewirkt haben. Im Jahr 1990 wurde das Karenzgeld von ein auf maximal zwei Jahre verlängert. 1996 erfolgte eine Kürzung auf 18 Monate, außer der Mann ging selbst in Karenz. Im Jahr 2000 wurde das Kindergeld eingeführt, das maximal für drei Jahre bezogen werden kann.

Die langfristigen Einkommensverluste für Frauen in Österreich blieben über all die Jahre trotz der Reformen gleich hoch, sagt Ökonom Zweimüller. Frauen, die kürzer in Babypause waren, verlieren im Schnitt langfristig gleich viel wie Frauen, die sich länger um ein Kind zu Hause kümmerten.

Zweimüller hat noch eine erstaunliche Erkenntnis parat. Im Zuge einer weiteren Studie, die noch unveröffentlicht ist, hat er untersucht, wie sich das Angebot von Kinderbetreuungsplätzen seit den 1980er-Jahren ausgewirkt hat.

Mehr Kinderbetreuung, geringere Einbußen

Seine Annahme war, dass dort, wo die Zahl von Kinderkrippen und Kindergartenplätzen stärker ausgebaut wurde, Frauen weniger hohe Einbußen erlitten haben. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen und mehr Betreuungsplätze anzubieten ist eine zentrale Forderung vieler Experten. Aber: Zweimüller fand für Österreich keinen Zusammenhang. Frauen haben ähnlich hohe Lohnverluste, selbst wenn in ihrer Heimatgemeinde mehr Betreuungsplätze angeboten werden.

Seine Erklärung dafür lautet wie folgt: Die traditionelle Rollenaufteilung zwischen Männern und Frauen, die tief in der Gesellschaft verankert ist, sei hauptverantwortlich dafür, dass nach der Geburt eine Lohnschere auf- und nicht wieder zugeht. Männer gehen häufiger bezahlter Arbeit nach, während Frauen die unbezahlte Arbeit, also Kinder und Haushalt, übernehmen. An diesem verwurzelten Gesellschaftsbild kann man nicht so einfach etwas ändern. Dieses traditionelle Bild soll auch dafür verantwortlich sein, dass Frauen in Österreich stärkere Lohneinbußen erleiden als in Skandinavien, wo das Rollenverständnis sich bereits gewandelt hat. (András Szigetvari, 25.1.2019)