Der technische Fortschritt hat dem "Gewerbe Autodiebstahl" nicht etwa Einhalt geboten, eher das Gegenteil ist der Fall.

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Wien – "Die Zahlen sind seit 2009 am Sinken." Andreas Kummer vom Bundeskriminalamt, operativer Leiter der Soko KFZ, zeigt durchaus Stolz, wenn er über die Statistiken beim Kfz-Diebstahl spricht. 2009 – am 1. Oktober – wurde die Soko Kfz gegründet: In jenem Jahr wurde auch ein Spitzenwert mit 8.945 Anzeigen von Kfz-Diebstählen erreicht. 2010 wurde diese Zahl mit 4.402 mehr als halbiert.

"Seither haben wir einen Rückgang zwischen vier und acht Prozent pro Jahr", erläuterte Kummer am Freitag im APA-Gespräch. Zum Zehn-Jahres-Jubiläum hoffen die Ermittler, bald auf dreistellige Anzeigenzahlen verweisen zu können. 2018 forschte die zehnköpfige Soko 34 Tatverdächtige aus und stellte 48 gestohlene Fahrzeuge – Gesamtschadenssumme 713.000 Euro – sicher.

Ersatzteillager

Dabei bleiben mittlerweile nur mehr wenige entwendete Autos dauerhaft ganz: "70 bis 80 Prozent aller gestohlenen Fahrzeuge werden zerlegt. Es geht um die Ersatzteile", konstatierte Kummer. Das erleichtert den Tätern auch den Transport: "Bis zu fünf Autos passen in einen Kastenwagen. Die Wägen gehen in kürzester Zeit aus Österreich hinaus – meist bevor der Besitzer etwas merkt", sagte der Experte.

Nachdem 2017 fünf große serbische Tätergruppen aus dem Verkehr gezogen worden waren, traten 2018 polnische Tätergruppen massiv in Erscheinung, wie Kummer schilderte. Unter anderem wurde in Zusammenarbeit mit der Außenstelle West des Landeskriminalamtes – mit der die Soko Kfz dauernd kooperiert, wie Kummer lobend erwähnte – eine Bande erwischt, die sich auf Ford, Honda und Toyota spezialisiert hatte. 19 Beschuldigte wurden ausgeforscht, 66 Diebstähle geklärt.

Über ein im Internet angebotenes gestohlenes Getriebe forschten die Ermittler eine Firma in Wien aus, die Teile von entwendeten Kfz angeboten hatte. In diesem Fall wurden vier Verdächtige verhaftet, eine Werkstätte in Österreich und zwei Lagerhallen in Polen dichtgemacht, was zu zahlreichen Sicherstellungen führte. Außerdem gab es die im vergangenen August bereits ausführlich berichtete Operation in Spanien, an der Kummer und fünf Kollegen im Sommer teilnahmen, was unter anderem am direkten Zugang der Soko zu FADA, dem Fahrzeugdatenbestand der deutschen Hersteller, lag.

Welche Modelle begehrt sind

Die begehrten Modelle haben sich nicht wirklich geändert: "Es sind immer schon VW-Produkte – Tiguan, Golf, Touran -, BMW – nach wie vor X5, X6, 5er- und 3er-Serie." Beim bayerischen Autohersteller stehen bei den 5er- und 3er-Serien übrigens gar nicht die neuesten Modelle im Fokus, sondern die Baujahre 2009 bis 2012. Kummer verwies wiederum auf die Nachfrage nach Ersatzteilen.

Der Ermittler erläuterte auch, dass ein Autodieb, der genug verdienen will, fleißig sein muss. Denn die Diebe erhalten von den Hehlern etwa zehn Prozent des Zeitwertes eines Wagens. "Es gibt eine Symbiose zwischen Dieben, Hehlern und Verwertern", so Kummer. Gar nicht so unüblich ist es übrigens, dass die Ersatzteile eines in einem Land gestohlenen Wagens oder gar das ganze Auto wieder in dieses Land zurückverkauft werden. "Leider müssen wir auch in Österreich Autos von Leuten beschlagnahmen, die sie in gutem Glauben gekauft haben", sagte der Ermittler. Nicht zuletzt deshalb riet Kummer zu großer Vorsicht – besonders im Internet, aber nicht nur dort: "Ein Auto, das ein Händler um 23.000 oder 24.000 Euro verkauft, wird um 15.000 angeboten – da sollte ich mir etwas denken. Es schenkt dir niemand etwas."

Diebstahl wurde einfacher

Kummer war auch überzeugt, dass der technische Fortschritt dem "Gewerbe Autodiebstahl" nicht etwa Einhalt geboten habe: "Im Gegenteil – es ist leichter geworden." So eröffneten die Keyless-Systeme den Kriminellen ganz neue Möglichkeiten. Im Internet kann man leicht sogenannte OBD-Tools (Onboard-Diagnostic) kaufen und mit diesen Schlüssel nachbauen. Ein deutscher Autobauer betonte, er könnte durchaus absolut diebstahlsichere Fahrzeuge herstellen. Das wäre allerdings nicht wirtschaftlich: Denn wenn es ein Problem geben würde, müsste der Besitzer einen Schlüssel nachkaufen – und das würde dann mit rund 25.000 Euro zu Buche schlagen.

Zur Sicherung des eigenen Wagens schlug der Ermittler vor, den OBD-Stecker im Auto durch einen zusätzlich versteckten Schalter zu sichern. Mit diesem könnte ein Täter den Schlüssel nicht aktivieren, das Resultat wäre wohl im schlimmsten Fall eine aufgebrochene Autotür, so Kummer. "Und der Schalter kostet nicht viel." (APA, 27.1.2018)