Simone E. und Gideon L. (beide 35) sind seit 14 Jahren zusammen. Seit über drei Jahren unterrichten sie an einer Wiener Schule. "Dass aber gerade unsere Fächer zu besetzen waren, war Zufall. Es freut uns, dass es geklappt hat."
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Sie: Ursprünglich wollten wir nach dem Studium nicht Lehrer werden, sondern andere Berufe ergreifen.

Er: Nach ihrem Magister in Theaterwissenschaften hat Simone Arbeit gesucht, was sich aber als nicht so einfach herausstellte. Und bei mir war es so, dass der Betreuer meiner Abschlussarbeit ins Burnout schlitterte. Mit 27 haben wir uns dann also die Frage gestellt: Wie machen wir weiter? Schließlich haben wir uns dafür entschieden, unser Leben umzukrempeln, nochmal neu anzufangen und haben uns an der Pädagogischen Hochschule inskribiert.

Sie: Wir wussten, dass wir das gemeinsam durchziehen müssen. Alleine hätten wir das nicht geschafft. Ein Fach wollten wir gemeinsam machen: Geschichte. Das war zuvor schon ein gemeinsames Interesse von uns. Wir haben dann auch unsere Bachelorarbeit zusammen geschrieben, wir hatten ein Thema, das wir uns aufgeteilt haben. Das Ergebnis war wirklich gut, besser als wenn ich alleine einen Text schreibe.

Er: Schon an der Uni haben wir gemeinsam ein Wahlfach besucht und gemerkt: Es macht ziemlich viel Spaß, etwas gemeinsam zu machen, es ist leichter. Was ebenfalls schön war, war die Aussicht: Wir haben danach denselben Beruf, können vielleicht gemeinsam arbeiten. Das hat uns auch bestärkt, uns an den gleichen Schulen zu bewerben. Es war also kein Zufall, dass wir nun an der gleichen Schule unterrichten.

Sie: Dass aber dann gerade unsere Fächer – Englisch, Deutsch und Geschichte – zu besetzen waren, war aber Zufall. Es freut uns, dass es geklappt hat. Aber es ist auch klar, dass nicht jeder so arbeiten will oder kann. Aber wir kommen einfach gut miteinander aus.

Er: Simone ist eine Riesenunterstützung für mich. Wenn ich heimkomme und einen anstrengenden Tag hinter mir habe, weiß ich: Sie versteht, was ich sage. Ich bekomme echte Hilfe, weil sie die Situation kennt und nachvollziehen kann, worum es geht. Wir kennen auch beide die Schüler, die anderen Lehrer. Da sind die Probleme oft viel schneller gelöst.

Sie: Was natürlich ein Nachteil ist: Man spricht dadurch sehr viel über den Beruf. Das liegt aber auch daran, dass es ein sehr sozialer Beruf ist. Die Kinder liegen uns am Herzen. Dazu kommt, dass in unserem Umfeld auch viele Lehrer sind. Und wenn Lehrer zusammen sind, reden sie halt viel über die Schule. Aber vielleicht würden wir auch viel über unsere Arbeit reden, wenn wir unterschiedliche Berufe hätten, die uns wichtig sind.

Er: Manche Dinge lassen einen eben nicht los. Nach der Schule gehen wir oft zu Fuß nach Hause und tauschen uns aus. Wir versuchen, das meiste zu besprechen, bevor wir daheim sind. Doch auch in der Freizeit denken wir viel über den Unterricht nach, wenn wir was für den Geschichtsunterricht sehen. Zuletzt zum Beispiel in unserem Urlaub in Athen, wo wir überlegt haben, wie man eine Postkarte der Akropolis im Unterricht einsetzen könnte.

Sie: Man muss bei dem Beruf wirklich aufpassen, dass man nicht ständig gedanklich im Unterricht ist. Umgekehrt ist in der Schule Privates gar kein Thema, als Lehrer steht man ja nicht als Privatperson an der Tafel.

Er: Die Schultüre geht auf, und wir schalten um. Wir stellen unsere Beziehung nicht zur Schau, knutschen nicht wild am Gang herum. Natürlich treffen wir uns immer wieder in den Pausen, im Stiegenhaus, am Gang, beim Kopierer. Das beruhigt mich, ich sehe, die Simone ist da, alles ist gut.

"Mir geben die Schüler manchmal Ratschläge, wie ich Simone einen Heiratsantrag machen kann", sagt Gideon L. Und Simone E.: "Ein Mädchen hat uns auch schon gezeichnet, ihn im Anzug, mich im Brautkleid."
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Sie: Im Kollegium wissen alle, dass wir ein Paar sind. Das ist für niemanden ein Problem. Was manchmal passiert, ist, dass sie mich fragen, wo Gideon ist. Meistens habe ich natürlich keine Ahnung – wir unterrichten ja auch unterschiedliche Klassen, haben andere Stundenpläne. Auch die Schüler machen das. Sie glauben, dass wir, nur weil wir zusammen sind, 24 Stunden pro Tag wissen, was der andere gerade macht.

Er: Aber wir verbringen ja auch viel Zeit gemeinsam, fahren zusammen in die Schule. Da besprechen wir uns kurz, was jeder in der ersten Stunde macht, wie der Tag aussieht. Oft reden wir aber auch gar nicht viel, sitzen nur nebeneinander. Das ist für uns eine Art anzukommen.

Sie: Einmal haben sich auch Schüler, die offenbar mit uns in der Straßenbahn gefahren sind, Sorgen gemacht, dass wir uns gestritten haben, weil wir nicht miteinander geredet haben. Sie haben uns dann gefragt, ob alles okay ist.

Er: Wir haben sie beruhigt: Alles ist gut, wir reden den ganzen Tag. Es darf auch mal Ruhe sein. Man merkt schon, die Schüler sind sehr neugierig. Sie fragen auch immer wieder, wo wir uns kennengelernt haben und wie lange wir schon zusammen sind. Warum wir noch nicht geheiratet haben, obwohl wir zusammen wohnen. Das beschäftigt sie sehr.

Sie: Wir erzählen ihnen nur so viel, wie wir es für richtig halten.

Er: Mir geben sie manchmal Ratschläge, wie ich Simone einen Heiratsantrag machen kann.

Sie: Ein Mädchen hat uns auch schon gezeichnet, ihn im Anzug, mich im Brautkleid.

Er: Sie wollen auch bei unserer Hochzeit alle Trauzeugen sein, Brautjungfern haben wir überhaupt schon 17. Einer hat sich auch bereits angeboten, das Buffet zu machen.

Sie: Das wird irgendwann eine sehr teure Hochzeit. (Aufzeichnung: Lisa Breit, Selina Thaler, 5.2.2019)