Sie wurde von Michelle Williams, Beyoncé, und Leandra Medine in Händen gehalten. Die halbmondförmige Bambus-Tasche des kalifornischen Labels Cult Gaia hat es Frauen, die modisch den Ton angeben, angetan. Die Ark Bag, die mit ihren luftdurchlässigen Bambusstreben wie eine Picknicktasche aussieht (siehe Bild unten), galt in den letzten Saisonen als die heißeste Antwort auf die Dionysus Bag, den circa 1500 Euro teuren Bestseller von Gucci. Plötzlich war eine It-Bag erschwinglich: Rund 130 Euro kostet die Tasche von Cult Gaia, die das Internet crashte – sie galt zwischenzeitlich als ausverkauft und wurde sogar von der Konkurrenz kopiert.

Im Unterschied zu den teuren Taschen der Luxusmodehersteller hat sie ihre Popularität vor allem der Social-Media-Plattform Instagram zu verdanken. Das Label wurde 2013 von der Amerikanerin Jasmin Larian Hekmat in Los Angeles gegründet, ein Jahr später kam die Ark Bag heraus. Von Beginn an hat die Designerin, eine Abgängerin des New Yorker Fashion Institute of Technology, die Dynamik der Social-Media-Plattform für ihr Unternehmen genutzt, knapp 350.000 Follower hat die Unternehmung Cult Gaia heute. Längst ist das Label mehr als ein One-Hit-Wonder, produziert werden außerdem verspielte Kleider und Schuhe. Im letzten Jahr landete die 29-jährige Hekmat auf der "30 unter 30"-Liste von Forbes.

Die Social-Media-Plattform Instagram hat so manches Nischenlabel wachsen lassen: Schuhe von Loq, Beuteltasche von Nanushka, Bambustasche von Cult Gaia und Ohrringe von Paloma Wool.
Foto: Hersteller, Mytheresa, Ne-à-Porter

Kometenhafter Aufstieg

Der kometenhafte Aufstieg der Marke illustriert ein Modesystem im Umbruch. Dass junge Mode- und Accessoire-Unternehmen immer unabhängiger von den starren Kalendern der Fashion-Weeks und den traditionellen Modemessen agieren, ist der Erfindung der Instagram-App im Jahr 2010 zu verdanken. Auf der Plattform zeigen sie täglich neue Bilder und stehen in direktem Austausch mit den Endverbrauchern, die immer mehr Zeit am Smartphone verbringen und mit wenigen Wischern im Webshop landen.

Auch die Social-Media-Plattform tut einiges dafür, um für Unternehmen attraktiv zu bleiben. Seit letztem Jahr kann Instagram selbst im deutschsprachigen Raum als Shopping-Plattform genutzt werden, in den USA startete die Funktion schon 2016. Das Konzept geht auf, weil übersättigte Konsumenten zunehmend hochpreisige Designerware und die Produktionsbedingungen von Fast Fashion infrage stellen. Es gilt heute als zeitgemäß, sich mit erschwinglicheren Entwürfen unbekannter Marken zu schmücken. Von dieser Lust auf Abwechslung profitieren Nischenlabels wie Paloma Wool, Staud, Loq oder Nanushka.

Das Model präsentiert eine Tasche des österreichischen Accessoire-Labels Published By.
Foto: Liqiao Zhu / Published By

Sie alle haben sich in ihren Anfängen auf eine kleine Auswahl an Produkten konzentriert. Handtaschen (wie Cult Gaia oder das junge österreichische Label Published By, siehe Bild), Schuhe (wie das in Spanien produzierende Schuhunternehmen Loq), Schmuckstücke (wie das spanische Label Paloma Wool), größenunabhängige Accessoires verkaufen sich online leichter als Kleidung. Für den Designer Christoph Tsetinis, der 2018 sein Accessoire-Label Published By gegründet hat, ist die Social-Media-Plattform "ein Must": "Anfragen von Händlern bekomme ich vor allem über Instagram, deshalb sind das Portfolio und immer neue Bilder wichtig". Bald will auch er seine Accessoires in einem eigenen Webshop verkaufen.

Lässiges Image

Am lässigen Image der jungen Wilden und ihren treuen Fan-Communities wollen auch die etablierten Online-Shops teilhaben. Einige von ihnen wurden von Mytheresa oder Net-à-Porter ins Programm genommen. Das verwundert nicht – bei Net-à-Porter sind die tragbaren Produkte der Instagram-Labels oft innerhalb weniger Wochen oder Tage ausverkauft. So hat die Cult-Gaia-Designerin Jasmin Larian Hekmat zuletzt elf Schuhmodelle exklusiv für Net-à-Porter entworfen.

Auch die Daunenjacken und Taschen des ungarischen Unternehmens Nanushka sind seit letzter Saison bei Mytheresa erhältlich. Sandra Sándor hat ihr Label zwar schon 2005 in Budapest gegründet, sich aber erst in den letzten beiden Jahren zum Liebling der Influencerinnen gemausert – Social Media sei Dank. Denn das Unternehmen Nanushka spielt alle Stückerln eines Instagram-Labels. Unter dem Hashtag #nanushkagirls werden die Looks ausgesuchter Influencerinnen oder Celebrities wie Hailey Bieber gepostet. Dazwischen Produktstillleben und Sonnenuntergänge in Pastell, der Account will ja Shopping-Stimmung aufkommen lassen. (Anne Feldkamp, RONDO, 19.3.2019)

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