"Aus Waldheim wurde Waldhäusl, vom Heim zum Häusl", so Ruth Beckermann, der "Waldheinms Walzer" prämiert wurde.

Ruth Beckermann Filmproduktion

Wien – "Es fühlt sich an wie ein warmes Bad", sagte Ingrid Burkhard, als sie am Mittwochabend den Österreichischen Filmpreis als beste Schauspielerin (Die Einsiedler) entgegennehmen durfte. Die 87-jährige Gewinnerin nutzte die Gelegenheit dann aber auch, um die Wohlfühlblase der "aufmüpfigen Individualisten" sanft zu piken.

Wichtiger noch, als innerhalb des eigenen Zirkels einer Meinung zu sein, sei es nämlich, draußen mit den Menschen in Kontakt zu treten und aufzuklären. Zahlreiche Preisträger hatten die Veranstaltung im Wiener Rathaus davor genutzt, um den Kurs der Regierung, besonders die jüngsten Relativierungen von Innenminister Herbert Kickl, zu kritisieren.

Aufruf gegen Hetze

Der Österreichische Filmpreis wurde schon 2018, als unter der Fahne "Klappe auf" ein "Aufruf gegen jegliche Hetze" und eine filmische Wochenschau lanciert wurden, als politisches Forum benutzt. Dies setzte sich am Mittwoch fort, wobei die Erregung über das politische Klima diesmal mit den ausgezeichneten Filmen harmonierte: Zum besten Spielfilm wurde Christian Froschs Murer – Anatomie eines Prozesses gekürt, der den beschämenden Freispruch für den NS-Kriegsverbrecher Franz Murer im Jahr 1963 dramatisiert.

Produzent Mathias Forberg in seiner Dankesrede pointiert: "Wir danken der Akademie, dass sie einen Film auszeichnet, der gezeigt hat, wohin ein Land zu driften droht, wenn das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht."

Beckermann warnt

Auch Ruth Beckermann, die für ihren Dokumentarfilm Waldheims Walzer ausgezeichnet wurde, kam auf die Kontinuität von Vergangenheit und Gegenwart zu sprechen. Sie nahm speziell die Rolle der ÖVP ins Visier, welche der FPÖ zu viel durchgehen lasse: "Aus Waldheim wurde Waldhäusl, vom Heim zum Häusl", sagte Beckermann. Und fügte hinzu: "Niemand soll später sagen, er hätte von nichts gewusst."

Preisträgerin Ingrid Burkhard plädierte dafür, die Blase zu verlassen und das Gespräch mit den Andersdenkenden zu suchen.
Foto: R. Newald

Ein politisch heller Film ist auch Styx, für den Wolfgang Fischer als bester Regisseur prämiert wurde. Die Parabel über eine Seglerin, die auf hoher See auf ein Flüchtlingsschiff trifft, reflektiert gegenwärtige Verhältnissen. Allerdings wurde der Film bereits vor neun Jahren geplant, und nun von der Wirklichkeit noch überholt.

Kein Politzwang

Moderator Nicholas Ofczarek, der den Abend gemeinsam mit Carolin Peters mit trefflich gespielter Abgebrühtheit konterkarierte, veranlasste die engagierte Stimmung zu dem Bonmot, dass niemand gezwungen sei, etwas über die politische Situation zu sagen.

Dem Tenor des Abends tat dies keinerlei Abbruch. Auch die Gastrede von Martin Pollack, die aufgrund dessen Erkrankung von Peter Simonischek vorgelesen wurde, malte ein Menetekel, in dem es um den Rechtsruck in europäischen Ländern ging, und warnte vor der "Sprache der Niedertracht, der Zerstörung und des Hasses".

Kameramann Gerald Kerkletz, der für die Plattform "Klappe auf" auf die Bühne kam und kämpferisch gegen die neoliberale Ausrichtung der Regierung Kurz wetterte, erntete stehende Ovationen.

Der äußere Feind

Der Konsens der Filmbranche war eindeutig. Wer Böses denkt, konnte auch meinen, dass der äußere Feind manch innere Differenz verschleierte. Christian Frosch nahm es bei seiner Dankesrede am Ende mit Humor. Immerhin habe die Regierung etwas Gutes: Sie habe Murer überraschende Aktualität verliehen. Und darüber sei er froh. (Dominik Kamalzadeh, 31.1.2019)