Unter den Bewerbern für den Preis tummeln sich mit Airlines, Zulieferern, Universitäten und namhaften Flugzeugherstellern alle prominenten Vertreter der Branche. Wer die begehrtesten Trophäen der Luftfahrt-Branche dieses Jahr in die Luft recken darf, entscheidet die internationale Experten-Jury am 2. April anlässlich der Weltleitmesse Aircraft Interiors Expo in Hamburg. Hier gibt's vorab die Shortlist

Die 1. Klasse wird zur Suite

Wer über die nötigen Mittel verfügt, fliegt heutzutage so exklusiv wie nie zuvor. Demonstrativ belegt dies die Fluggesellschaft Emirates mit den neuen First Class Private Suites in der Boeing 777. Die abgetrennten Abteile schirmen den Fluggast vom Rest der Kabine ab und verströmen so Privatjet-Atmosphäre. Um trotzdem jederzeit auf sich aufmerksam zu machen, kann sich der Passagier per Videoanruf ans Personal wenden.

Auch an anderer Stelle kommt modernste Technologie zum Einsatz: Dank hochauflösenden Echtzeit-Bildschirmen in der Wand haben auch die innen liegenden Kabinen freien Blick aus dem Fenster – das ist weltweit einmalig.

Foto: Emirates

Wellbeing statt mehr Luxus in der Business Class

Auf immer weniger Langstreckenflügen gibt es eine Erste Klasse. Stattdessen rückt die Business Class verstärkt in den Fokus. Der Trend zu mehr Abgeschiedenheit und Privatsphäre ist auch hier ersichtlich. Energie zehrende Geschäftstreffen und Terminkalender führen dazu, dass sich Business-Passagiere auf ihrem Flug statt Luxus immer häufiger Ruhe und Entspannung wünschen.

Wie die Industrie hierauf reagiert, zeigt sich auf der Shortlist etwa bei Panasonic. Das Technologie-Unternehmen hat einerseits einen Schlafsessel in der Business Class mit einer Begrenzung versehen, die nicht nur den lärmschluckend wirkt, sondern dem Passagier auf Wunsch auch beruhigende Musik oder Regengeräusche vorspielt, begleitet von der entsprechenden Lichtstimmung. Mit dem Luftfiltersystem nanoe werden andererseits penetrante Gerüche, etwa nach dem Essen, dem Business-Class-Abteil entzogen und die Raumluft gezielt verbessert.

Foto: Panasonic

Mehr Komfort in der Economy Class

Im Economy-Class-Segment finden sich ebenfalls eine Vielzahl Ideen in der Shortlist des Crystal Cabin Award, die das Reisen angenehmer machen sollen. Die Bandbreite reicht von ergonomisch verstellbaren Langstrecken-Sitzen von Recaro (Bild) bis hin zur Selbstbedienungstheke für Snacks und Getränke von Collins Aerospace. Der Clou der "Flex Duet" genannten Lösung: sie wird im Reiseflug einfach wie ein Wohnzimmerschrank aus- und vor die Flugzeugtür geklappt, ungenutzter Platz bekommt so seine Bestimmung.

Enge Räume neu gestaltet hat auch der norddeutsche Mittelständler Krüger Aviation mit dem Future Lavatory: Die neu konzipierte Toilettenkabine bietet unter anderem auf gleicher Grundfläche wie bislang eine deutlich bessere Bedienung, einen großen Wickeltisch mit Tieranimationen sowie eine zusätzliche Sitzfläche, um sich vor der Landung umzuziehen.

Foto: Recaro

Revolutionäre Ideen für das Flugzeug

Die Buchungsklassen an Bord mögen zwar seit Jahrzehnten gelernt sein, ein Naturgesetz sind sie keineswegs. Wie man das Kabinenlayout revolutionär neu denken könnte, zeigen gleich mehrere Einreichungen der diesjährigen Shortlist. Die radikalste Idee stammt von einem Studierenden der koreanischen Hongik Universität in Zusammenarbeit mit dem Sitzhersteller Adient (Bild): "1 For All" verschachtelt unterschiedliche Buchungsklassen so miteinander, dass die größtmögliche Raumnutzung entsteht. First und Economy Class Passagiere könnten so neben oder übereinander sitzen. Miteinander sitzt man hingegen in der Ultraflex-Zone, die von AIM Altitude eingereicht wurde und die auf den Trend der Ultra-Langstrecken wie London-Australien nonstop reagiert: Hier hätten Passagiere aller Buchungsklassen die Möglichkeit, sich an der Snackbar zu bedienen, auf Loungemöbeln zu entspannen, am Laptop-Arbeitsplatz an einer aktuellen Präsentation zu arbeiten oder in der Yoga-Zone etwas für das körperliche Wohlbefinden zu tun.

Foto: Universität Hongik

Konzepte für mehr Nachhaltigkeit an Bord

Nicht nur das Wohl der Passagiere steht beim Crystal Cabin Award im Vordergrund. Wie Flugreisen gleichzeitig auch den CO2-Fußabdruck nachhaltig reduzieren und die Umwelt weniger belasten könnten, ist ebenfalls Teil der Branchen-Überlegungen. Oftmals geht es dabei um simple Dinge wie die mitgenommene Menge an Trinkwasser. Selbst für kurze Hüpfer werden die Tanks heute oft bis zum Rand gefüllt, dementsprechend höher ist der Kerosinbedarf. Das kanadische Unternehmen International Water Guard hat ein System entwickelt, wie Besatzungsmitglieder am Boden sekundenschnell den Füllstand überprüfen und in Fünf-Prozent-Intervallen auffüllen lassen können.

Auch der Zulieferkonzern Safran möchte an Gewicht sparen. Der "Essential"-Schlafsitz (Bild) für die Business Class verzichtet vollständig auf schwere Mechanik und nutzt stattdessen innovative Polsterformen. Das Resultat sind 25 Prozent weniger Gewicht bei fast 20 Prozent mehr Platz für den Passagier.

Foto: Safran

Besser sitzen auf Langstrecke

Nahezu jeder Flugreisende betritt die Kabine heute mit dem Smartphone in der Tasche. Für Airlines und Dienstleister ergeben sich damit völlig neue Produktmöglichkeiten, wie zum Beispiel ein Konzept der Universität Cincinatti zeigt: statt Flugzeugessen könnten Passagiere künftig vorab via Smartphone ein Gericht aus einem der Flughafenrestaurants am Abflugort bestellen. Dieses würde über das Gate direkt ins Flugzeug geliefert und in der Luft heiß serviert – natürlich in umweltfreundlicher Pappbox.

Auch für Gesundheit und Wohlbefinden auf Langstrecke ließe sich die Smartphone-Technik nutzen, wie das Unternehmen ACM mit der SMEATED-App demonstriert: Sensoren im Sitz registrieren fortlaufend die Körperhaltung des Passagiers und melden an die Software, wenn durch falsche Haltung Rückenleiden nach der Landung drohen. Die App gibt daraufhin Anleitungen, um sich ergonomischer hinzusetzen.

Foto: ACM

Personalisierte Bordunterhaltung

Ein weiterer Trend der laufenden Crystal-Cabin-Award-Staffel: personalisierte Bordunterhaltungssysteme, auch IFE genannt. Einer der Vorreiter ist myKrisworld von Singapore Airlines, die eine Nutzerfreundlichkeit fast wie bei einem Streamingdienst bieten. So können Passagiere, die beispielsweise in Singapur umsteigen und mit der Airline weiterfliegen, Filme und Serien dort weiterschauen, wo sie im vorherigen Flug aufhören mussten.

Das RAVE-Ultra-System von Safran hingegen kommt mit einem Ultra-HD-Monitor und höchster Bluetooth-Kompatibilität daher. So wird endlich auch der Bildschirm im Flugzeug wie Heimkino. (red, 18.2.2019)

Info: Die Gewinner des Crystal Cabin Awards werden am 2. April 2019 gekürt.

Foto: Singapore Airlines