Sehr bedauerlich sei es, dass man bestimmte Dinge nicht sagen dürfe, rollt es derzeit durch Medien und Social-Media-Kanäle. Geradezu dramatisch sei die Lage.

Nach dieser tragischen Einleitung folgt meist eine Flut dessen, was man angeblich nicht sagen darf. Und der Name der Flut ist Legion.

Und nach den ersten Runden dieser Behauptung hätte man eigentlich denken können, dass es sich durchaus herumgesprochen haben dürfte, dass man irgendwie alles sagen darf, was nicht strafrechtlich relevant ist – und viele auch sehr bereit dafür, das alles und auch das Strafrelevante zu sagen.

Aber nein. Diskussionsrunden werden von diversen Teilnehmern weiterhin mit der Ansage eröffnet, dass man nichts sagen dürfe, um gleich darauf all das zu wiederholen, was die Vorgänger auch nicht haben sagen dürfen, aber trotzdem gesagt haben.

Es ermüdet. Es langweilt. Eine Zeitschleife. Und aus dieser gibt es kein Entkommen.

Es gibt auf dieser Welt übrigens Menschen, die wirklich nicht sagen dürfen, was sie denken. Wenn man erfahren möchte, wie es denen geht, empfiehlt sich beispielsweise ein Blick in türkische Gefängnisse oder in Putins Gerichtsverfahren oder nach China.

Dort laufen Menschen tatsächlich Gefahr, für ihre Gedanken verfolgt, eingebuchtet und ermordet zu werden: Künstler, Journalisten, Demonstranten, Oppositionelle. (Julya Rabinowich, 3.2.2019)