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Großmütter wirken sich positiv auf die Anzahl und das Wohlergehen der Enkelkinder aus.

Foto: REUTERS/Jorge Cabrera

Die Evolution hat beim Menschen einige Merkmale hervorgebracht, die ihn von der restlichen Fauna deutlich unterscheidet – etwa die Tatsache, dass Frauen an einem bestimmten Punkt lange vor dem Ende ihres Lebens die Menopause durchlaufen und ihre Reproduktionsfähigkeit verlieren. Im Säugetierreich kennt man das nur bei einigen Primaten und Walarten. Die evolutionäre Herkunft der Menopause stellt die Wissenschaft noch immer vor ein Rätsel, obwohl freilich einige Hypothesen kursieren.

Selektionsvorteil

Eine davon, die Großmutter-Hypothese, besagt, dass sich die Überlebenswahrscheinlichkeit von Neugeborenen erhöht, wenn ältere Frauen, die sich nicht mehr der Fortpflanzung widmen, bei der Versorgung helfen. Ein solcher Selektionsvorteil könnte in der Vergangenheit auch eine hohe Lebenserwartung bei den Frauen und die Fertilität begünstigt haben. Nun haben internationale Wissenschafter Studienergebnisse vorgelegt, die die Großmutter-Hypothese untermauern.

Die Hypothese ist schon früher häufig getestet worden, bei manchen Studien hat sich die Annahme als plausibel herausgestellt, anderswo nicht. Das Schweizer-kanadische Forscherteam um Sacha Engelhardt von der Universität Bern hat nun einen neuen Ansatz gewählt: Sie überprüften die Hypothese anhand der geografischen Entfernung. Dafür werteten sie Daten der Bevölkerung von Quebec zwischen 1608 und 1799 aus. In dieser Zeit wurden die ersten französischen Siedlungen gegründet. Die Analyse umfasste 3.382 Großmütter, die 34.660 Kinder zur Welt brachten. Von diesen Kindern heirateten 7.164 Mädchen und hatten insgesamt 56.767 Kinder.

Pro 300 Kilometer 1,5 Kinder weniger

Das Fazit der Studie, die nun im Fachmagazin "Current Biology" publiziert wurde, lautet vereinfacht: Je weiter weg die Großmutter, desto weniger Enkelkinder. Pro 100 Kilometer Entfernung sind es 0,6 Kinder weniger pro Frau. "Das ist eine Menge", erklärte Engelhardt. "Pro 300 Kilometer sind es 1,5 Kinder weniger." Das weist auf einen Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit der Großmütter und der Fertilität der Töchter hin

Omas verbessern aber offenbar auch die Überlebenschancen ihrer Enkelkinder. "In unserer Studie hatten Frauen, deren Mütter noch am Leben waren, nicht nur mehr Kinder – es erreichten auch mehr dieser Kinder das Alter von 15 Jahren", erklärte der kanadische Wissenschafter Patrick Bergeron, der an der Studie mitwirkte. (red, APA, 8.2.2019)