In Salzburg kam es zu einer Häufung von Vandalismus

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Es gebe ein "massives Problem" mit Rechtsextremismus und einen "höchst fragwürdigen Umgang mit Rechtsextremismus und Antisemitismus" in Oberösterreich, warnten mehr als neunzig Prominente in einem offenen Brief an den Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Anlass für die Intervention war die Tatsache, dass Oberösterreich seit Jahren insgesamt die meisten rechtsextremen Straftaten aller Bundesländer aufweist.

Rechnet man jedoch den Schnitt pro Einwohner aus, taucht ein anderes Bundesland an der Spitze auf: Salzburg. Das zeigen Recherchen der antifaschistischen Initiative Stoppt die Rechten, die vom STANDARD nachgeprüft wurden. Dank jährlicher parlamentarischer Anfragen des früheren Grünen-Abgeordneten Albert Steinhauser, die seit dem Ausscheiden der Grünen aus dem Nationalrat von der SPÖ-Abgeordneten Sabine Schatz fortgesetzt werden, ist bekannt, wie viele Anzeigen es in den vergangenen Jahren pro Bundesland gegeben hat.

Zieht man den Zeitraum 2013 bis 2017 heran, hat Salzburg die signifikant höchste Dichte von rechtsextremen Fällen, die behördenbekannt wurden. So gab es pro hunderttausend Einwohner 78 rechtsextreme angezeigte Tathandlungen in Salzburg, auf dem zweiten Platz folgen Oberösterreich und die Steiermark mit jeweils 57 Tathandlungen pro hunderttausend Einwohner.

Bei den Anzeigen – eine Tathandlung kann mehrere Delikte mit gesonderten Anzeigen umfassen – ist das Bild noch eindeutiger: In Salzburg gab es 134 Anzeigen pro hunderttausend Einwohner, dahinter folgt mit einigem Abstand Wien, hier waren es 84 angezeigte Delikte.

"Brauner Gürtel"

Salzburg zählt wie Oberösterreich zum sogenannten "Braunen Gürtel" mit Bayern. Die rechtsextreme Szene ist hier grenzüberschreitend aktiv. Einer der Wiederholungstäter, Björn Erik H., wurde 2016 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er soll in den Jahren davor mehr als fünfzig Sachbeschädigungen durchgeführt haben, unter anderem zerstörte er ein Mahnmal für Euthanasie-Opfer. Vor Gericht distanzierte er sich damals vom Nationalsozialismus, gleichzeitig bekannte er sich zum rechtsextremen Terroristen Anders Breivik und zum NSU.

Als Reaktion auf die Reihe an Vandalenakten – unter anderem waren Stolpersteine angesprüht worden – hatte die Stadt Salzburg 2015 eine Aktion mit dem umstrittenen Namen #88GegenRechts ins Leben gerufen. Kontrovers deshalb, weil 88 in der Neonazi-Szene als Code für "Heil Hitler" steht. Salzburg fand damals 88 Prominente, die sich gegen Rechtsextremismus aussprachen. Tatsächlich sank die Zahl der Anzeigen nach einem Höhepunkt 2015 in den zwei folgenden Jahren leicht ab.

Einschlägige Postings

Dieses Abflachen ist laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, Marcus Neher, einer engen Zusammenarbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LVT) und der Justiz zu verdanken. "Die Kollegen vom LVT wissen sehr gut, was wir in den Verfahren brauchen", sagt Neher zum STANDARD. So sei es gelungen, einige der hartgesottenen Szenegrößen, die im Land Salzburg vor einigen Jahren noch aktiv waren, strafrechtlich zu verfolgen und damit insgesamt das Aufleben der Szene einzudämmen. Gelöst ist das Problem damit nicht, es habe sich aber "in den niederschwelligeren Bereich verlagert", sagt Neher: Heute dominieren in den Anzeigen im Land Salzburg die Verhetzungs- und Wiederbetätigungsdelikte in sozialen Medien, wobei die Täter meist junge Erwachsene seien. Obwohl es bei dieser Altersgruppe möglich wäre, die Verfahren erst gar nicht vor Gericht zu bringen, sondern eine Diversion vorzuschlagen, ist man bei der Staatsanwaltschaft Salzburg davon abgeneigt: Die Betroffenen sollten "ein Gefühl dafür bekommen, was es heißt, vor Gericht zu stehen".

In Salzburg kam es ab dem Jahr 2013 zu einem massiven Anstieg von rechtsextremen Taten. Die Szene ist hier grenzüberschreitend nach Bayern aktiv und gut vernetzt. Jüngst kam es zu einem Rückgang der Anzeigen, den sich die Strafjustiz auf ihre Fahnen heftet.

(Fabian Schmid, Maria Sterkl, 8.2.2019)