Wien – Die Finanzämter bearbeiten jährlich fünf Millionen Arbeitnehmerveranlagungen, vor 15 Jahren waren es nur drei Millionen. Gleichzeitig ist die Anzahl der Zollanmeldungen seit 2007 von 3,9 auf 4,5 Millionen gestiegen. Gesunken ist dagegen die Zahl der Beamten, die das alles bearbeiten.

Angesichts der weiteren geplanten Einsparungen beim Personal warnen die SPÖ und die sozialdemokratische Gewerkschaft vor einem "Aushungern der Finanzverwaltung". Im Finanzministerium weist man diese Kritik zurück.

Zu den Zahlen: Die Anzahl der durchgeführten Arbeitnehmerveranlagungen (auch als Steuerausgleich bekannt, Anm.) steigt seit Jahren kontinuierlich an. 2003 waren es noch 3,1 Mio., 2010 schon 3,6 Mio. und 2016 mit der Einführung der automatisierten bzw. antragslosen Arbeitnehmerveranlagungen gab es einen weiteren Sprung auf 4,2 Mio. Anträge. 2017 waren es schon 5,1 Mio. Fälle.

Pensionierungswelle

Gleichzeitig ist die Anzahl der Zollanmeldungen seit 2007 von 3,9 auf 4,5 Millionen (2017) gestiegen. Auf der anderen Seite ist aber der Personalstand seit 2003 von rund 12.300 auf 9.000 Vollzeitäquivalente gesunken und es steht in den kommenden zehn Jahren eine Pensionierungswelle bevor. Nach Angaben des Ministeriums selbst werden bis 2028 über 5.000 der derzeit rund 11.000 Bediensteten in Pension gehen. Gleichzeitig hat die Regierung für die nächsten Jahre einen Aufnahmestopp verordnet: ab 2020 soll nur mehr jede 3. Stelle nachbesetzt werden.

Die FSG Finanz und Zoll befürchtet, dass die Finanzverwaltung durch die geplante Reform "ausgehungert" werden soll. "Statt für das nötige Personal zu sorgen, wird jetzt an der Organisationsstruktur geschraubt", kritisiert Günter Biringer, FSG-Vorsitzender der Personalvertretung Finanz.

SPÖ-Nationalrätin Selma Yildirim, Mitglied im Finanzausschuss und selbst in der Finanzverwaltung beschäftigt, warnt vor einem "sehr großen Druck auf die Mitarbeiter". "Es wird immer schwieriger, den gesetzlichen Prüfauftrag zu erfüllen. Das bedeutet, dass der Republik Steuereinnahmen entgehen können. Die Personaleinsparungen bei der Finanzverwaltung werden auch ganz konkrete und spürbare Folgen für die Bürger haben", sagte sie im Gespräch mit der APA.

Wartezeiten

Der Personalnotstand bedeute nämlich, dass sich Routinearbeiten mitunter Wochen oder sogar Monate verzögern. So komme es im Service- oder Beihilfenbereich zu Wartezeiten. "Das betrifft Familien mit Kindern, die auf die Familienbeihilfe warten müssen sowie Arbeitnehmer, die auf Rückzahlungen aus der Arbeitnehmerveranlagung warten", so Yildirim.

Im Finanzministerium wies man diese Kritik zurück. Die gesunkenen Personalzahlen hängen einerseits damit zusammen, dass mit der EU-Osterweiterung 2004 mehr als 1.000 Zollbeamte in den Exekutivdienst übersiedelt wurden. Anderseits werden etwa bei der Arbeitnehmerveranlagung immer mehr Schritte automatisiert und digitalisiert. Das sei nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, die Arbeitsplätze attraktiv zu halten, wichtig.

Ein Sprecher verwies darauf, dass "zukunftsweisende Bereiche und wichtige Stellen in der Betrugsbekämpfung und im Vollzug stets ausgebaut wurden". Gleichzeitig verspricht die Regierung eine Verkürzung der Verfahrensdauer und Bescheidausstellung auf unter 20 Tage. Derzeit liegt sie bei der Arbeitnehmerveranlagung und der Familienbeihilfe bei rund 26 Tagen.

Die Reformpläne der Regierung für die Finanzverwaltung sehen eine Zusammenlegung der 40 Finanzämter zu einem "Finanzamt Österreich" vor. Dieses soll als Abgaben- und Dienstbehörde für Private und KMU zuständig sein. Daneben wird ein Großbetriebsamt für die Großbetriebe zuständig sein. Die derzeit neun Zollämter werden ebenfalls zu einem Zollamt zusammengelegt. Daneben wird es auch noch das Betrugsbekämpfungsamt geben sowie den Prüfdienst lohnabhängiger Abgaben und Beiträge. (APA, 10.2.2019)