Joachim Kühn spielt Ornette Colerman.

Foto: act

Yaron Heman als Virtuose der intellektuellen Poesie.

Universal

Hector Berlioz' Symphonie fantastique auf einem seltsamen Doppelklavier.

HM

Joachim Kühn – Melodic Ornette Coleman

Der deutsche Pianist Joachim Kühn ist jederzeit berechtigt, in den Kosmos dieses Konzeptualisten des freien Jazz einzutauchen. Melodic Ornette Coleman (ACT) spiegelt ja Kühns Erfahrungen. Der Virtuose war lange Duopartner des US-Saxofonisten. In der Solosituation fantasiert sich Kühn durch Klassiker wie Lonely Woman und weniger bekannte Stücke. Er ist ein Rhapsode, aus dessen Improvisationen Hardbop ebenso ausbricht wie barocke Stilistik, abstrakte harmonische Extremfarben und Bluesiges. So lohnt es, die beiden Versionen von Lonely Woman zu vergleichen, die Kühn serviert.

skopjejazzfest

Yaron Herman Trio – Songs Of The Degrees

Um in der jazzklassischen Besetzung des Klaviertrios zu bestehen, braucht der Künstler ein markantes Ideenprofil. Der in Tel Aviv geborene Yaron Herman muss den Vergleich mit Klassikern des Genres jedoch nicht fürchten. Songs Of The Degrees (Universal) ist das Dokument eines poetisch veranlagten Virtuosen, der Emotionen intellektuelle Raffinesse beimixt. Mit Drummer Ziv Ravitz und Bassist Sam Minale liefert Herman Kammermusik, die mitunter wie eine zarte Spieldose klingt. Herman jedoch – als Teil der Jazzmoderne – ist jederzeit fähig, auch Komplexität mit Linienrasanz zu verschmelzen.

Ville Mandelieu-La Napoule

Heisser und Jude – Symphonie fantastique

Es mag seltsam anmuten, Werke eines Pioniers der Orchestration auf zwei Klaviere zu bannen. Versionen zu vergleichen ist jedoch reizvoll, weshalb Berlioz' Symphonie fantastique (HM) in der Variante von Jean-François Heisser und Marie-Josèphe Jude zu empfehlen ist. Es kommt auch das Piano vis-à-vis Pleyel 1928 zum Einsatz, das wirkt wie zwei zusammengeschmolzene Flügel. Alles sympathisch, exzentrisch, das Kontrapunktische wie klanglich Ausufernde überzeugt. Das sensible Lyrische (etwa des Werkanfangs) hingegen klingt etwas bieder, wobei Interpretation auch eine Talentfrage ist. (Ljubiša Tošić, 12.2.2019)