Generali-Boss Donnet forciert die Vermögensverwaltung als drittes Standbein für das italienische Unternehmen.

Foto: AFP

Im Gespräch mit dem STANDARD erzählt Generali-Boss Philippe Donnet, warum Osteuropa bei den aktuellen Wachstumsplänen eine wichtigere Rolle spielt als Italien. Außerdem spricht er über die neue Geschäftsstrategie, die unter anderem beinhaltet, eine Milliarde Euro in Digitalisierung zu investieren und Vermögensverwaltung zum dritten Firmenstandbein zu machen.

STANDARD: Im Portfolio der Generali befinden sich italienische Staatspapiere im Wert von 60 Milliarden Euro. Gibt dies in Anbetracht der unsicheren politischen Lage Italiens und der gestiegenen Differenz zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen Anlass zur Sorge?

Donnet: Nein. Wir haben einerseits den Bestand an den italienischen Anleihen leicht abgebaut, andererseits sehe ich im Land keine großen Probleme. Italien hat mit der Vielzahl von exportkräftigen kleinen und mittelständischen Unternehmen eine starke Industrie. Außerdem ist das Sparvermögen der Familien hier höher als anderswo, und die italienische Handelsbilanz bleibt positiv.

STANDARD: Italien ist mit zehn Millionen Kunden der wichtigste Markt für Generali. Soll das auch weiter so bleiben?

Donnet: Wir wollen zwar auch in Italien wachsen, die umfangreichere Expansion streben wird allerdings im Ausland an.

STANDARD: Von welchen Ländern sprechen Sie da?

Donnet: Der Fokus liegt auf Zentral- und Osteuropa. Dort planen wir Zukäufe, sobald sich die passende Gelegenheit ergibt. Erst kürzlich investierten wir in Polen und Slowenien. Aber auch in Südamerika und Asien möchten wir uns vergrößern.

STANDARD: Welche Bedeutung hat der ost- und zentraleuropäische Markt bisher für die Generali?

Donnet: In dieser Region haben wir mehr als zwölf Millionen Kunden. Der Markt trägt rund zehn Prozent zu unserem Prämienaufkommen und 15 Prozent zum operativen Ergebnis bei.

STANDARD: Wie sieht es in Russland aus?

Donnet: Der russische Markt ist schwach durchdrungen und bietet somit einiges an Wachstumspotenzial. Wir halten beispielsweise 38,5 Prozent am russischen Versicherer Ingosstrakh und haben vor kurzem ein Büro in Moskau eröffnet.

STANDARD: Es kursieren Gerüchte, dass Generali Immobilien in Wien oder eventuell auch in Prag verkaufen will.

Donnet: Auf unsere historischen Immobilien in Wien sind wir sehr stolz. Sie liegen in der DNA von Generali. Österreich war schließlich der erste Markt für Generali nach deren Gründung im Jahr 1831 in Triest. Wir planen jedenfalls keine Immobilienverkäufe.

STANDARD: Befürchten Sie negative Auswirkungen durch den Brexit für das Unternehmen?

Donnet: Für Generali als internationalen Player wird der Brexit keine Auswirkungen haben, für mich als europäischen Bürger und für alle Europäer hingegen schon.

STANDARD: Die neue Strategie 2019 bis 2021 sieht neben geografischen Schritten auch eine Produktdiversifikation vor. Was darf man erwarten?

Donnet: Wir werden uns künftig nicht nur auf Versicherungen, sondern auch auf das Asset-Management konzentrieren. Die Vermögensverwaltung soll zu unserem dritten Standbein werden. Ich kann mir in diesem Bereich jährlich Wachstumsraten von bis zu 20 Prozent vorstellen. Auch hier spielen Zukäufe eine zentrale Rolle. Aus diesem Grund hat Generali die Vermögensverwaltungsfirma CM Investment Solutions von der Bank of America Merrill Lynch gekauft. Außerdem wollen wir bis 2021 eine Milliarde Euro in Digitalisierung und Innovationen investieren.

STANDARD: Rechnen Sie in der Versicherungsbranche mit einem ähnlichen Konsolidierungsprozess wie bei den Banken?

Donnet: Nein, das sind zwei verschiedene Bereiche. Entwicklungen im Bankensektor haben keinen signifikanten Einfluss auf jene der Versicherungsindustrie. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, 12.2.2019)