Ein eigenartiges Konzert: bizarr und bereichernd. Da spielt ein Kammerorchester, das sich (unter anderem) auf Alte Musik spezialisiert hat, ein barockes Konzert für Cembalo und Streicher (das in f-Moll BWV 1056von J. S. Bach), aber der Solist sitzt an einem modernen Konzertflügel. Orchestrale Vibratodiät trifft auf pianistische Pedalvöllerei: Das ist ein bisschen wie Knäckebrot zu Crème brûlée.

Noch eigenartiger: Es schmeckt trotzdem. Weil Mikhail Pletnev, der Solist, einfach unglaublich gut Klavier spielen kann. Milde und abgeklärt zumeist; kurze, abrupte Überzeichnungen der Bassstimme dürfen aber sein. Beim wundervollen Adagio unterstreicht der Russe am Montagabend im Konzerthaus manchmal unwichtige Überleitungsfiguren, um das Thema wieder zurückzunehmen. Pletnevs Flügel, ein Shigeru Kawai, klingt warm und weich.

Seufzer der Oboen

Mit Mozarts Haffner-Symphonie hat das Kammerorchester Basel das Konzert kernig-pointiert eröffnet, Daniel Brand leitet das Geschehen vom Konzertmeisterpult. Die Streicher bereiten im langsamen Satz den Seufzern von Oboe und Fagott ein feines Lager. Minimale Präzisionsmängel im Menuetto, die Stürme im Presto haben ein schweizerisch-ordentliches Gesicht.

Originell der Gedanke, Igor Strawinskis Pulcinella-Suite im Retro-Modus zu interpretieren – ließ sich der russische Komponist für das Werk doch von vorklassischen Triosonaten inspirieren. Und doch vermisst man, wie letztlich auch beim Mozart, den zuspitzenden, fordernden Zugriff eines Dirigenten. Alles so harmonisch hier!

Faszinierend altmodisch aus der Zeit gefallen dann Pletnevs Interpretation von Mozarts c-Moll Konzert K 491. Der 61-Jährige zelebriert Zurücknahme und Feinsinn, spielt quasi mit Glacéhandschuhen – gefährlich nah am seichten Plätscherbad. Doch schwebt über aller feinmechanischen Präzision des Russen oft eine leise Weisheit. Begeisterung im Großen Saal. (Stefan Ender, 13.2.2019)