Seit Jahrzehnten bildet Silizium das Fundament der Techindustrie. Einfachen Sensormodul bis zu den Mainboards von Supercomputern bildet das Halbleitermaterial die Unterlage für moderne Chips – das "Silicon Valley" trägt seinen Namen nicht umsonst. Es gibt allerdings einen Hoffnungsträger, der dem Platzhirschen einmal gefährlich werden könnte: Galliumnitrid (GaN).

Die erste Synthetisierung der Verbindung aus dem Leichtmetall und Stickstoff gelang bereits 1930, doch seine Eignung für die Fertigung von Tech-Komponenten entdeckte man erst später. Nun scheint das Interesse am Einsatz aber zu steigen. Mit gutem Grund, denn Galliumnitrid verfügt über einen höheren Bandabstand als Silizium. Das bedeutet, es hält höhere Spannungen und Temperaturen aus und Strom fließt mit weniger Widerstand durch das Material hindurch. Geräte können dadurch kleiner gebaut werden und dank geringerem Energieverlust um um bis zu 25 Prozent effizienter arbeiten, fasst The Verge zusammen.

Widerständiger Halbleiter

Besonders großes Potenzial verspricht man sich für die Herstellung von Elektroautos. Hier sitzen Hardware und Motor weit voneinander entfernt, um Hitzeprobleme zu vermeiden. Galliumnitrid könnte diese Einschränkung aufheben und so neue Möglichkeiten für das Design der Fahrzeuge eröffnen. Auch für Einsätze unter extremen Bedingungen, etwa in der Weltraumforschung, wird es damit interessant.

Aufgrund seiner Eigenschaften kommt Galliumnitrid bereits etwa bei der Herstellung der Lasermodule von Blu-ray-Laufwerken und LEDs zum Einsatz. In klassischer Computerhardware und Tech-Accessoires findet man es noch selten. Eine seltene Ausnahme ist die neue "Powerport Atom"-Reihe von Ladegeräten die Ende 2018 vom Hersteller Anker auf den Markt gebracht wurden.

Anker nutzt Galliumnitrid in der Herstellung neuerer Ladegeräte.
Foto: Anker

Mehrere Hürden

Experten sehen drei Gründe dafür, warum Galliumnitrid noch nicht auf breiter Ebene genutzt wird. Der erste ist, dass Hersteller wohl immer noch die Langzeitzuverlässigkeit des Materials unter verschiedenen Verwendungsszenarien erforschen. Dann ist der Herstellungsprozess längst nicht so ausgereift, wie bei Silizium, was niedrigere Ausbeute und somit einen höheren Preis nach sich zieht. Dieser wird aber teilweise dadurch kompensiert, dass der Einsatz des Materials den Bedarf nach bestimmten anderen Komponenten reduziert.

Last, but not least, ist die schiere Dominanz des Silizium auch ein entscheidender Faktor. Die Chiphersteller haben damit viel Erfahrung und ihre ganze Produktion ist darauf ausgelegt. Eine Umrüstung wäre teuer, langwierig und somit ein erhebliches finanzielles Risiko, das man erst eingehen wird, wenn man sich der Schritt ausreichend schnell rentiert.

An der Arizona State University will man den ersten Prozessor auf Basis einer GaN-Platine entwickeln.
Foto: Arizona State University

Forschung schreitet voran

Es gibt aber Hoffnung. Gleich eine Reihe von Wissenschaftlern Start-ups arbeitet an Lösungen für und auf Basis dieses Materials. An der Arizona State University will man etwa den ersten Prozessor auf einer GaN-Platine entwickeln.

Auch etablierte Hersteller wie Texas Instruments betreiben Programme zur Erforschung des Silizium-Konkurrenten und versuchen, das Material im Rahmen bestehender Produktionsprozesse einzusetzen. Auch in Österreich erprobt man Lösungen auf Basis des alternativen Halbleiters, nämlich am Standort des Konzerns Infineon im kärntnerischen Villach. (red, 17.02.2019)