Bregenz – Der 34-jährige Türke, der den Sozialamtsleiter der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn erstochen haben soll, will aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Gegen seinen Rat habe ihn der Mann beauftragt, den U-Haft-Beschluss des Landesgerichts Feldkirch mit einer Haftbeschwerde am Oberlandesgericht Innsbruck zu bekämpfen, sagte Verfahrenshelfer Daniel Wolff der "Neuen Vorarlberger Tageszeitung" vom Donnerstag.

Untersuchungshaft ist bei Mordverdacht obligatorisch. Neben dem dringenden Tatverdacht wurde die U-Haft im konkreten Fall auch mit Flucht- und Tatbegehungsgefahr begründet. Sein Mandant wolle auf freien Fuß gesetzt werden und habe ihn beauftragt, "alles zu versuchen", sagte Wolff der APA. "Es ist meine Aufgabe, für seine Rechte einzutreten."

Anwalt riet ab

Er habe seinen Mandanten vergeblich davon zu überzeugen versucht, dass eine Haftbeschwerde angesichts der Umstände aussichtslos sei, so der Anwalt, der am Montag von der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer zum Verfahrenshelfer bestellt worden war. Eine solche Bestellung kann ein Anwalt nicht ausschlagen.

Der Beschuldigte habe ihm den Tathergang bei dem Besuch geschildert. Auf die Frage, ob der 34-Jährige weiter keine Reue zeige, sagte Wolff der APA, dass er dazu derzeit noch keine Aussage treffen könne. Er wolle die Haltung seines Mandanten mit diesem besprechen, wenn er den Akt kenne. Bisher habe er noch keine Akteneinsicht. Er rechne damit, dass der Akt spätestens am kommenden Montag bei ihm eintreffe. Auf die Frage, ob man sich in dem Verfahren darauf einstellen müsse, dass sein Mandant alle Entscheidungen beeinspruchen werde, meinte Wolff: "Derzeit glaube ich das schon."

Fall "große Herausforderung"

Der Fall bedeute für ihn eine "große Herausforderung", auch wegen der zahlreichen Medienanfragen. Wolff ist vor allem im Zivilrecht tätig und eröffnete erst Anfang Februar seine eigene Kanzlei in Bregenz-Vorkloster. Zuvor war er als Anwalt in einer Kanzlei angestellt und erstritt etwa im VW-Dieselskandal ein Urteil zugunsten eines Dieselfahrers.

Die Ermittlungen in dem Mordfall laufen nach wie vor, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Heinz Rusch am Donnerstag. Derzeit gebe es aber keine neuen Erkenntnisse, die man der Öffentlichkeit mitteilen könne. Über die Haftbeschwerde entscheide nun das Oberlandesgericht. Der 49-jährige Sozialamtsleiter wurde unterdessen am Mittwoch unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in seiner Heimatgemeinde Lustenau beerdigt.

Landeshauptmann kritisiert Innenministerium

Kritik am Innenministerium in der Causa formulierte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Eine Warnung der Landesbehörde sei "relativ leichtfertig mit Zurechtweisungen abgetan" worden. Man habe es abgelehnt, den Verdächtigen in Vorarlberg aufzunehmen. Wallner verlangte, "Behördenwarnungen aus Vorarlberg ernst zu nehmen".

Der Landeshauptmann wollte in einem Interview mit den "Vorarlberger Nachrichten" vom Donnerstag aber keine Schuldzuweisung vornehmen. "Ich bin der Letzte, der Schuld verteilt. Auch nicht an das Innenministerium, obwohl Behördenabläufe verbesserungsfähig sind, wie wir gesehen haben", sagte Wallner. Eine Beamtin im Innenministerium habe eine andere Einschätzung getroffen als die Behörde vor Ort, die den Fall besser kenne, "das stört mich". Die Gesamtbeurteilung vor Ort habe nicht das Gewicht bekommen, das sie haben sollte.

Bei Bedarf Änderungen nötig

In Bezug auf die Lehren aus der tödlichen Gewalttat stellte Wallner fest, dass es gelte, im nationalen Recht alles auszuschöpfen und gegebenenfalls im Fremdenrecht und Aufenthaltsrecht etwas zu ändern. Es sei unverständlich, wieso der mutmaßliche Täter "mit dieser Strafakte und einem Aufenthaltsverbot" nicht in Schubhaft, Beugehaft oder Sicherheitsverwahrung habe genommen werden können. "Es hält uns auch niemand davon ab, Asylbescheide innerhalb von wenigen Tagen zu erstellen. Es sind schon Spielräume da", so Wallner.

Über die Integrationsarbeit in Vorarlberg – der Verdächtige ist dort geboren und aufgewachsen – sagte Wallner in Bezug auf den 34-Jährigen: "Jede Art von Integration in die Gesellschaft ist nicht gelungen. Das war von dieser Seite auch nicht gewünscht." Sich in Vorarlberg zu integrieren sei an sich nicht schwierig: "Wenn man die Sprache lernt, einen Job sucht, sich ein bisschen bildet und unsere Wertvorstellung akzeptiert, ist man Teil der Gesellschaft. Man hat halt auch eine Bringschuld." (APA, 14.2.2019)