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US-Präsident Donald Trump will unbedingt eine Mauer bauen.

Foto: AP Photo/Susan Walsh

Donald Trump redet im Rosengarten des Weißen Hauses. Im Kern sagt er dasselbe, was er bereits nach Neujahr gesagt hat, in einer Fernsehansprache zur besten Sendezeit. Wie schon damals zeichnet er die Lage an der Grenze zu Mexiko in düsteren Farben. "Wir reden von einer Invasion", sagt er. "Wir reden von Drogen, Menschenschmugglern, allen möglichen Kriminellen und Banden." Dann ruft er den nationalen Notstand aus.

ORF

Es ist ein extremer Schritt. Der Versuch, eine Niederlage im Ringen mit seinen Widersachern zu kaschieren. Trump hat ein Pokerspiel verloren. Beim Thema Mauer haben ihm die Demokraten, die seit Jahresbeginn im Abgeordnetenhaus den Ton angeben, die Grenzen seiner Macht aufgezeigt. Dass er den Kürzeren zog, zeigen die Konturen eines Kompromisses, auf den sich Vertreter beider Parteien im Kongress einigten, um die Regierungsarbeit bis September zu finanzieren und einen zweiten Shutdown abzuwenden.

5,7 Milliarden gefordert

Demnach wird die Legislative nur 1,4 Milliarden Dollar (1,24 Milliarden Euro) für den Bau von Sperranlagen an der mexikanischen Grenze bewilligen. Das ist deutlich weniger als die 5,7 Milliarden, die Trump gefordert hat. Damals wollte er seine Gegner zum Einlenken zwingen, indem er die Lähmung von Ministerien und Behörden provozierte. Nach drei Wochen zäher Verhandlungen steht er in der entscheidenden Frage mit leeren Händen da.

Von einer Betonmauer ist keine Rede mehr, lediglich von physischen Barrieren. Auf knapp 90 Kilometern Länge sollen neue oder stabilere Zäune errichtet werden, hauptsächlich in Texas. In diesem Punkt hat sich die Opposition eindeutig durchgesetzt, zumal die für das Zäune-Aufstellen geplante Summe nur marginal über dem Betrag liegt, den sie Trump zu Beginn des Tauziehens zugestehen wollte. Um wiederum die Konservativen das Gesicht wahren zu lassen, soll die Border Patrol aufgestockt werden. An den Grenzübergangsstellen, wo Drogenschmuggler das Gros ihrer Ware getarnt in Lkws und Pkws ins Land bringen, soll die Durchleuchtungstechnik verbessert werden. Neue Flugzeuge werden angeschafft, neue Radargeräte installiert.

Hitzige Telefonate

Trump soll laut "Washington Post" noch am Donnerstag, als der Deal bereits fixiert war, gedroht haben, die Unterschrift zu verweigern. Dreimal, schreibt die Zeitung, habe ihn Mitch McConnell, die Nummer eins der Republikaner im Senat, anrufen müssen, um ihm eine Trotzreaktion auszureden: Denn er habe den Streit mit den Demokraten in Wahrheit gewonnen, was immer die Kommentatoren auch behaupten mögen.

Auch um am Ende doch noch als Sieger dazustehen, rief Trump den Notstand aus. Er fährt einen Umweg, um die Mauer auch ohne Zustimmung der Legislative bauen zu können. Nur stehen seine dramatischen Worte im Widerspruch zur tatsächlichen Lage an der Grenze. Dort steigt die Zahl illegaler Einwanderer zwar wieder an, von den Rekordwerten zu Beginn der Nullerjahre indes ist sie weit entfernt.

Nancy Pelosi, Demokratin und Vorsitzende des Repräsentantenhauses, spricht von "Panikmache". Trump wolle davon ablenken, dass er sein zentrales Wahlversprechen gebrochen habe: dass Mexiko für den Mauerbau zahle. Man werde den Notstand umgehend anfechten, kündigt Jerrold Nadler an, der den Justizausschuss der Abgeordnetenkammer leitet und "krassen Machtmissbrauch" ortet. Der Ausschuss will den Notstand nun überprüfen.

Kontrollmechanismen ausgehebelt

In den USA ist es allein die Legislative, die über die Staatsausgaben entscheidet. Lässt der Kongress den Präsidenten abblitzen, bleibt ihm in aller Regel nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden. Dass Trump den Notstand ausruft, um die Kontrollmechanismen der "checks and balances" auszuhebeln, lässt Pelosi auf die Barrikaden gehen: Der Kongress werde verteidigen, was ihm die Verfassung an Befugnissen zuteile.

Eine Klagswelle dürfte in jedem Fall auf die Regierung zurollen. Landbesitzer in Texas könnten materiellen Schaden geltend machen. Zieht Trump Mittel aus dem Militäretat ab, um sie für die Mauer zu verwenden, könnte es Widerstand geben. Was unter einem nationalen Notstand zu verstehen ist, lassen die US-Gesetze im Vagen. Der Erste, der formal einen proklamierte, war Woodrow Wilson: 1917, zu Kriegszeiten. In den 1970er-Jahren, im Zuge von Richard Nixons Watergate-Skandals, verabschiedete das Parlament den National Emergencies Act, dem zufolge es in der Macht des Kongresses liegt, eine vom Präsidenten erklärte Ausnahmesituation zu beenden. Zudem ist ein Notstand nach 180 Tagen automatisch beendet, falls der Präsident ihn vorher nicht verlängert. (Frank Herrmann aus Washington, 15.2.2019)