In Deutschland gang und gäbe, in Österreich kaum zu finden: Beiräte in Unternehmen.

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Beiräte sind in der heimischen Unternehmenslandschaft kaum zu finden. Anders als in Deutschland, wo laut Studien bis zu zwei Drittel aller Klein- und Mittelunternehmen ein solches Gremium eingeführt haben. Auch die Organisationsforschung befasst sich dort deutlich intensiver mit Beiräten als hierzulande. Diesen Mangel wollen Wissenschaftler des Forschungscluster SMEs & Family Businesses der Fachhochschule Wien der Wirtschaftskammer Wien beheben. Im Rahmen einer Studie haben sie untersucht, welche Gründe heimische Unternehmen dazu bringen, Beiräte einzurichten. Konkret war die Forschungsfrage, welche Arten von Wettbewerbsvorteilen sich Unternehmen von Beiräten versprechen. Methodisch umfasste die Studie einen quantitativen Teil mit Fragebögen, den österreichweit 530 Unternehmen erhielten. Als qualitative Komponente wurden zusätzlich persönliche Interviews bei sechs Wiener Firmen durchgeführt.

Beratung, Vermittlung, Kontrolle

"Das Schöne an Beiräten ist, dass sie flexibel gestaltbar sind, weil sie keinen gesetzlichen Regulierungen unterliegen, wie beispielsweise Aufsichtsräte", sagt Anne Maria Busch, Stiftungsprofessorin für Microeconomics of Competitiveness an der FH Wien der WKW und Co-Autorin der Studie. "Beiräte sind Gremien, die man freiwillig einrichten und in Struktur, Zusammensetzung, Aufgabenbereich an das Unternehmen anpassen kann."

Bei der Auswertung der Fragebögen und Interviews konnten die Forscher vier Typen von Motiven identifizieren, die zur Einrichtung solcher Gremien führen. Zum einen helfen Beiräte bei der Entscheidungsfindung im Unternehmen. Dies nicht nur durch naheliegende Beratungstätigkeit, sondern auch durch Vermittlung bei Konflikten. Insbesondere Nachfolgestreitigkeiten in Familienbetrieben stellen ein Szenario dar, bei dem ein neutraler Blick von außen hilfreich sein kann.

Beiräte können aber auch Kontrollfunktionen übernehmen, etwa wenn es keinen Aufsichtsrat gibt. Weitere Motive sind die Vertiefung von Geschäftsbeziehung durch Einbindung von Ansprechgruppen, sowie der Aufbau und Ausbau von Netzwerken. Branchennahe Experten in den Beirat zu holen ist dabei üblich. Schließlich können Beiräte als willkommenes Instrument zur Erhöhung der Firmenreputation genutzt werden. Einen Beirat für Umweltfragen oder Nachhaltigkeit einzurichten, signalisiert beispielsweise, dass man die Themen im Unternehmen ernst nimmt.

Mittlere Zufriedenheit

Generell zeigt die Studie ein recht heterogenes Bild. Ein Zusammenhang bestimmter Branchen, Rechtsformen oder Unternehmensgrößen mit der Motivation, Beiräte einzurichten, konnte nicht gefunden werden. "Das ist je nach Unternehmen ganz unterschiedlich", sagt Busch. "Manche legen den Schwerpunkt auf die Signalwirkung nach außen, andere auf die innerorganisatorischen Vorteile."

Durchschnittlich bestehen Beiräte aus drei bis fünf Personen, im Einzelfall können es aber auch bis zu zwölf sein. Manche Gremiumsmitglieder stehen selbst noch aktiv im Berufsleben, andere sind bereits im Ruhestand – auch hier zeigte sich kein repräsentatives Muster. 60 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, ihre Beiräte monetär zu vergüten. Nur 18,5 Prozent der Befragten haben bereits einen Beirat, nur elf Prozent wollen künftig einen einrichten.

"Für uns ist spannend, dass wir in Österreich noch keine ausgeprägte Struktur für Beiräte gefunden haben, obwohl es ein Governanceinstrument ist, das in Deutschland schon stark verbreitet ist", meint Markus Scholz, Leiter des Forschungsclusters sowie des Center for Corporate Governance & Business Ethics an der FH Wien. Als möglichen Grund dafür nennt er, dass die heimische Wirtschaft ohnehin bereits gut vernetzt ist. Aufschlussreich ist auch die Zufriedenheit heimischer Unternehmen mit ihren Beiräten. Diese bewegt sich bei den Studienteilnehmern eher im mittleren Bereich. Interessanterweise führen sie aber keine systematischen Evaluierungen durch, um den konkreten Nutzen des Gremiums zu erheben. (26.2.2019, rl)