Afghanen bei einem Cricketmatch in Wien: Die meisten der Flüchtlinge aus dem asiatischen Land in Österreich sind jung, männlich und alleinstehend.

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Wien – Nach Kriminalfällen mit Afghanen als mutmaßlichen Tätern haben junge Männer aus dem asiatischen Land in Österreich ein denkbar schlechtes Image. Viele Einheimische sehen sie als Sicherheitsrisiko an.

Unerwähnt blieb bisher großteils, dass sich die existenzielle Sicherheit vieler Afghanen in Österreich seit einem Jahr verschlechtert. Ein Berater berichtet von zunehmenden "psychischen Ausnahmesituationen" bei seinen Klienten; von "Beruhigungsversuchen" durch Drogen – und "Abrutschen in die Straffälligkeit".

Fortgesetzte Abschiebungen

Grund für die Verunsicherung sind die fortgesetzten Abschiebungen von Afghanen aus Österreich. 190 Menschen wurden laut unveröffentlichten Zahlen aus dem Innenministerium 2018 zwangsweise nach Kabul gebracht, unter ihnen auch Lehrlinge und andere Jugendliche, die sich sehr um ihre Integration bemüht hatten.

In der EU schieben neben Österreich auch Deutschland und Schweden nach Afghanistan ab – während etwa Frankreich, Spanien und Portugal niemanden zurück in das von Anschlägen gebeutelte Land bringen.

Viele Aberkennungen

Viel Druck übt aber auch der restriktive Umgang mit subsidiär Schutzberechtigten aus Afghanistan aus. Seit inzwischen fast einem Jahr erkennt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diese Aufenthaltsbewilligungen systematisch ab.

Subsidiären Schutz erhalten Menschen, die zwar keine klassischen Asylgründe haben, aber nicht in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können, weil ihnen dort Gefahr für Leib und Leben droht. Rund 9,5 Prozent aller Asylentscheidungen bei Afghanen im Jahr 2018 endeten mit einem solchen zeitlich begrenzten Verbleib.

Mühevoller Umstieg auf Daueraufenthalt

Subsidiärer Schutz geht mit vollem Zugang zum Arbeitsmarkt einher. Er muss nach einem Jahr, und dann alle zwei Jahre, verlängert werden; so der Betreffende nach fünf Jahren oder mehr selbsterhaltungsfähig ist, eine "ortsübliche Unterkunft" und Krankenversicherung hat sowie Modul 2 der Integrationsvereinbarung erfüllt, kann er auf einen Daueraufenthaltstitel umsteigen.

Bis März 2018 wurde nicht vorbestraften Afghanen – und Somaliern, deren Zahl in Österreich aber weit geringer ist – der subsidiäre Schutz in der Regel verlängert. Dann jedoch habe sich das schlagartig geändert, sagt Herbert Langthaler vom NGO-Zusammenschluss Asylkoordination: Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stehe auf dem Standpunkt, dass sich die Sicherheitslage in beiden Ländern insoweit verbessert habe, dass insbesondere jungen Männern eine Rückkehr zumutbar sei.

Panik in der Community

In der rund 40.000 Menschen umfassenden afghanischen Community sät dies Panik. "Zuletzt traf es etwa einen jungen Mann, der seit zehn Jahren in Österreich ist. Er ist unbescholten und arbeitet. Nun muss er den Ausgang der Berufung gegen die Aberkennung beim Bundesverwaltungsgericht abwarten. Sein Leben in Österreich war schon auf Schiene. Jetzt ist alles wieder offen", sagt Langthaler.

Zwar hat eine solche Berufung derzeit recht gute Chancen. Die meisten Bundesverwaltungsrichter stehen auf dem Standpunkt, dass von einer verbesserten Sicherheitslage in Afghanistan nicht die Rede sein kann – und kippen die BFA-Bescheide.

Langes Warten auf die zweite Instanz

Doch die Verfahren dauern lange, und viele Betroffene werfen in der Wartezeit die Nerven weg. Bis 2018 habe seine Hauptaufgabe in Bildungsberatung bestanden, sagt der eingangs erwähnte Berater. Nun liege der Schwerpunkt auf "Stabilisierung und Krisenintervention". Aus dem Innenministerium kam trotz mehrmaliger Nachfrage bis Redaktionsschluss keine Reaktion. (Irene Brickner, 19.2.2019)