Computerwissenschafter Thomas Mühlbacher: von der Heavy-Metal-Band zu Big Data.

Foto: VRVis Forschungs-GmbH

Im Zuge der Digitalisierung werden in den Anlagen der Fertigungsbetriebe immer mehr Sensoren verbaut. Sie überwachen Umweltbedingungen, Zustand und Funktion der Maschinen.

Aus den Datenbergen, die sie anhäufen, lassen sich vielfältige Erkenntnisse ziehen. Unter welchen Bedingungen wird die beste Produktqualität erzielt? Wie lässt sich der Ausschuss verringern? Wann muss ein Gerät gewartet werden, bevor ein Schaden eintritt?

Der Weg zur Beantwortung dieser Fragen ist oft nicht einfach, auch wenn Datenmaterial in Hülle und Fülle vorhanden sind. "Man muss die notwendigen Algorithmen richtig einsetzen, um Muster und Zusammenhänge zu erkennen. Daran scheitern Fachexperten in Betrieben aber oft, weil sie mit solchen Methoden unzureichend vertraut sind", sagt Thomas Mühlbacher vom Wiener Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung (VRVis).

Der 1987 geborene Wissenschafter hilft dabei, Werkzeuge zu entwickeln, die die Daten visuell aufbereiten, um sie auf diese Art für Menschen zugänglicher und verständlicher zu machen.

Die Visual-Analytics-Ansätze, die die Daten in interaktive Grafiken, Diagramme und Modelle verwandeln, helfen den Anwendern zuerst einmal dabei, Probleme in geeigneter Art zu formulieren und die richtigen Fragen zu stellen. Danach können sie helfen, die richtigen Antwort zu geben, etwa indem sie die Entwicklung, Validierung, Anwendung und Verbesserung einer Machine-Learning-Lösung begleiten.

"Beispielsweise können tausende Sensorkurven übereinandergelegt werden, um Abnützungserscheinungen einer Maschine genau abzuschätzen", erläutert Mühlbacher.

Lernfähige Systeme

Der Forscher, der an der TU Wien Computergrafik studierte, arbeitet seit 2012 am VRVis, das als K1-Zentrum im Rahmen des Comet-Programms von der Förderagentur FFG mit Mitteln aus dem Wirtschafts- und dem Verkehrsministerium finanziert wird. Im Zuge seiner Arbeit am Forschungszentrum schrieb er auch seine Dissertation zur Anwendung von Visual Analytics im Bereich lernfähiger Systeme.

Lange Zeit lag der Anwendungsschwerpunkt seiner Arbeit im Energiebereich. Dazu gehörten etwa Fragen, wie man die wetterabhängige Energieversorgung durch Solar- und Windkraftanlagen besser planbar macht.

Das Visual-Analytics-Werkzeug Visplore, an dem Mühlbacher aktuell arbeitet, soll künftig auch mithilfe eines Spin-off-Unternehmens vermarktet werden. Es soll Industriebetrieben dabei helfen, ihre Datenberge besser in den Griff zu bekommen.

Dem Weg in die Computergrafik ging Mühlbachers Begeisterung für Videospiele voraus. Ausgleich zur Computerarbeit fand der in Kaisermühlen aufgewachsene Wiener bis vor kurzem als Mitglied einer Heavy-Metal-Band "mit Plattenvertrag und allem Drum und Dran".

Steht die Entwicklung eines Computerspiels, wie er es mit Studienkollegen einst vorhatte, auch heute noch auf dem Plan? "Vielleicht in der Pension", antwortet Mühlbacher. Immerhin: Manche Aspekte dieses Faibles würden sich in der dynamischen und oft experimentellen Interaktion mit den visuell aufbereiteten Daten, die seine Forschungsarbeit ausmachen, durchaus wiederfinden. (Alois Pumhösel, 24.2.2019)