Individuell, was Größe und Werkstoff angeht. Die Holzräder von My Esel.

Foto: MyEsel

Auch als Crosscountry-Hardtail ist das Holzrad erhältlich.

Foto: My Esel

Die hölzernen Rahmen sind statisch optimiert und dadurch innen hohl.

Foto: My Esel

Mit dem Extremradler und mehrfachen Weltrekordhalter Stefan Wagner als Teamfahrer wollen die Holzradhersteller die Belastbarkeit ihrer Rennräder unter Beweis stellen.

Foto: Fraundorfer

Innsbruck – Die Idee wurde wie so oft aus der Not heraus geboren. Christoph Fraundorfer ist groß gewachsen, stolze 1,95 Meter. Als solcher Lackel war es für ihn nie einfach, ein passendes Fahrrad zu finden. Weil der gelernte Architekt aber immer schon gern technische Probleme löste, egal ob im Modellflugzeugbau oder bei der Entwicklung von Möbeln, beschloss er auch dieses Ungemach in Angriff zu nehmen.

Die Erfinder erklären ihr Produkt selbst.
My Esel

In Heinz Mayrhofer fand er den idealen Kompagnon für dieses Vorhaben. Für den ehemaligen Chefentwickler beim Skihersteller Fischer war sofort klar, welches Material für eine Fahrrad-Rahmenkonstruktion ideal ist: Holz. Es bringt die nötige Steifigkeit, vergleichbar mit Aluminium oder Carbon, und der Naturwerkstoff absorbiert zugleich lästige Vibrationen oder Erschütterungen besser als andere Materialien.

Technik aus der Skiproduktion

Ähnlich wie bei der Skiherstellung werden die Fahrradrahmen im Leichtholzverbund um einen Holzkern, meist aus Birke, aufgebaut. Dabei kommt ein in der Skiherstellung seit Jahrzehnten bewährtes Harzklebesystem zum Einsatz. Für die äußeren Holzschichten werden in der Regel langlebige Kernesche oder Walnuss verwendet. Die Holzkonstruktion wird statisch optimiert und innen hohlgefräst. Das spart einerseits Gewicht und ermöglicht andererseits die Verlegung der Bowdenzüge im Rahmen selbst.

Großes Thema beim Werkstoff Holz ist das Verwittern. Um dem vorzubeugen, verwenden die Konstrukteure eine spezielle vierschichtige Lackkomposition der Firma Adler. "Die wird auch bei Holztüren im Außenbereich eingesetzt, die Jahrzehnte überdauern müssen", sagt Fraundorfer. Auf ihre Holz-Fahrradrahmen bieten die Hersteller übrigens fünf Jahre Garantie.

Das Rad als Maßanzug

So weit zum Material, aber das Grundproblem des nicht passenden Rahmens war damit noch nicht gelöst. Also entwickelten Fraundorfer und Mayrhofer zusammen mit Orthopäden eine Software, die anhand von nur drei Parametern für jedermann und -frau den genau passenden Rahmen errechnet. "Wir benötigen nur die Körper- sowie die Schuhgröße und die Länge des Unterschenkels. Den Rest berechnet die Software unter Berücksichtigung tausender Vergleichsdaten", erklärt Fraundorfer.

Auf besondere Kundenwünsche, etwa wenn jemand lieber aufrechter sitzen will beim Radeln, können die unter dem Namen My Esel firmierenden Jungunternehmer problemlos eingehen. Wenn es um medizinische Fragen geht, etwa bei Kunden mit Bandscheibenvorfall, wird sogar ein Arzt hinzugezogen.

Ihre Geschäftsidee beruhe auf dem Umstand, dass rund 70 Prozent aller Radfahrer über kleinere oder größere Probleme wie Kreuzschmerzen oder einschlafende Hände berichten. "Wer schon einmal einen Maßanzug getragen hat, weiß, wie einmalig sich das anfühlt. Ungefähr so verhält sich das mit unseren Fahrrädern", beschreibt Fraundorfer die Vorteile des Maßrades.

Auch als Rennrad oder E-Bike

Die Produktpalette von My Esel umfasst derzeit klassische Tourenräder, Crosscountry Mountainbikes, aber auch Rennräder und neuerdings E-Bikes. Die Komponenten, die verarbeitet werden, sind von bekannten Herstellern wie Shimano oder Rockshox. Preislich ist ein solches maßgefertigtes Tourenbike ab 1.900 Euro zu haben. Für ein elektrisch unterstütztes Holzradl sind bis zu 3.990 Euro fällig.

Gerade vom Rennradsegment verspricht sich My-Esel-Gründer Fraundorfer viel: "Wir können vom Gewicht her mit acht bis neun Kilogramm mit herkömmlichen Rennrädern mithalten." Das Verbundholz biete aber den großen Vorteil der Steifigkeit, vor allem am Tretlager – und eben der Vibrationsdämpfung. Mit ihrem ersten Teamfahrer, dem Extremradler und mehrfachen Weltrekordhalter Stefan Wagner, wollen die Holzradentwickler dieses Jahr unter Beweis stellen, wie belastbar ein solcher Esel wirklich ist.

Für das laufende Jahr 2019 hofft Fraundorfer, mindestens 500 Fahrräder zu verkaufen. Vor allem die Erweiterung der Produktpalette um E-Bikes, angeboten werden Modelle mit Hinterradnabenmotoren, soll den Absatz fördern: "Das besondere an unseren E-Bikes ist, dass man ihnen die Motorunterstützung nicht ansieht." Ab April sollen diese lieferbar sein. Wobei die Herausforderung darin bestehe, dass das Unternehmen nicht auf Vorrat produzieren könne, sondern eben jedes Rad eine Maßanfertigung ist.

Wer einen solchen hölzernen Esel, natürlich made in Austria, testen will, kann dies in Kürze im neuen Unternehmenssitz in Traun tun. Und man arbeitet derzeit am Vertrieb über ein Fachhändlernetz, das alle Bundesländer abdecken soll. (Steffen Arora, 20.2.2019)