Im Verfassungsschutz gehen mittlerweile einige Ex-Bundesheer-Angehörige ein und aus. Das sorgt für Unmut.

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Die Oppositionsparteien haben am Mittwoch ausdrücklich vor einer "Militärinfiltration" (O-Ton Peter Pilz) des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) gewarnt. Anlass sind mehrere Personalentscheidungen der vergangenen Monate. So sollten fünf Bundesheer-Angehörige in den Verfassungsschutz wandern, vier davon arbeiten bereits dort; bei einem soll es noch Probleme wegen seiner Tätigkeit als freiheitlicher Gemeinderat geben.

Interne Dokumente bestätigen, dass mindestens drei der frisch gewechselten BVT-Mitarbeiter schon in der Reformgruppe des Verfassungsschutzes tätig sind. Sie sollen ihre Erfahrungen aus dem Bereich der militärischen Nachrichtendienste einbringen.

Doch in zumindest einem Fall sollen derartige Erfahrungen gar nicht existieren. So schrieb BVT-Vizedirektor Dominik Fasching in einer E-Mail, ein potenzieller Mitarbeiter namens Mario F. solle Erfahrungen "im Umgang mit Nachrichtendiensten" haben. Doch F. scheiterte laut Pilz beim Aufnahmetest in das Abwehramt und hatte auch nichts mit dem Heeresnachrichtenamt zu tun. F. geriet vergangene Woche in die Schlagzeilen, weil er laut einer BVT-Mitarbeiterin geprahlt hatte, in Afghanistan beim Waterboarding, also beim Foltern, dabei gewesen zu sein. Dabei soll es sich jedoch um einen blöden Scherz gehandelt haben.

Ambitionen auf Direktorat

Hinter der "Militarisierung" des Verfassungsschutzes sehen die Oppositionsparteien den aktuellen BVT-Vizedirektor Fasching. Dieser hatte nach der Suspendierung von BVT-Direktor Peter Gridling temporär die Leitung des BVT übernommen. Dem Vernehmen nach soll er darauf spekulieren, Gridling zu beerben. Der aktuelle BVT-Chef kann bald in Pension gehen, Fasching wäre für das FPÖ-geführte Innenministerium aufgrund seiner Erfahrung als Abteilungsleiter eine sichere Option.

Über eine engere Verzahnung zwischen den zivilen und mili tärischen Nachrichtendiensten, also BVT, Heeresnachrichtenamt und Abwehramt, war schon seit der Gründung des BVT spekuliert worden. So stammte der erste BVT-Chef Gert-René Polli aus dem Heeresnachrichtenamt. Allerdings gibt es gewichtige Gründe, die gegen eine Zusammenführung sprechen. So ist das BVT eine Polizeibehörde mit Exekutivgewalt – es darf also beispielsweise Festnahmen durchführen. Für einen militärischen Nachrichtendienst wäre das ein Novum. Der deutsche BND, aber auch der deutsche Verfassungsschutz oder der Schweizer Nachrichtendienst haben keine Exekutivgewalt.

Aber auch abgesehen von der sachpolitischen Richtung sorgen die Versetzungen von Militär angehörigen in den Verfassungsschutz für Kritik.

Für die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper handelt es sich bei der Dienstzuteilung von F. um einen rechtswidrigen Vorgang, da keine Interessentensuche durchgeführt wurde. "Sie sagen, das ist rechtswidrig, ich kann mir das nicht vorstellen", erwiderte BVT-Abteilungsleiter Alois Moick, der einzige am Mittwoch geladene Zeuge. Bei einem zweiten Fall, bei dem eine hochrangige BVT-Mitarbeiterin Interventionen vermutete, erkannte Moick eine "brisante E-Mail" der Beamtin. Aber nur, weil "mit dieser wohl etwas nicht stimme". Gerüchteweise solle man ihre E-Mails nach 22 Uhr "nicht ernst nehmen, da sie dann immer besoffen ist".

Streit um Klassifizierungen

Wenige Minuten zuvor war Moick noch sehr um Diskretion bemüht gewesen. Über Teile eines Akts zu Mario F. gab es langwierige Geschäftsführungsdebatten. So verlangten die Abgeordneten der Regierungsfraktionen, dass das Dokument in der Stufe 2 klassifiziert wird, wodurch vor Medienvertretern nicht daraus zitiert werden dürfte. Verfahrensrichter Eduard Strauss wehrte das ab. Rund um die Klassifizierungen von Dokumenten ist es in den vergangenen beiden Ausschuss sitzungen ohnehin zu Unmut gekommen. Die Oppositionsparteien bemängelten, dass Personal akten zu streng eingestuft worden waren. Deshalb gestalteten sich die Befragungen am Dienstag auch eher zäh. Abgeordnete können in ihren Fragen nämlich Informationen aus Dokumenten der Stufe 1 öffentlich machen und sie somit den Medienvertretern "verraten". Die Neos fordern nun von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), eine Reihe von Dokumenten herabzustufen. (Fabian Schmid, Maria Sterkl, 20.2.2019)