Zu Tageszeitung, Magazinbeilagen, Onlineportal und TV-Sender nun auch ein bundesweites Radioprogramm: Wolfgang Fellner, Mediengruppe Österreich, bei den Österreichischen Medientagen 2017.

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Wien – Familie Fellner (Mediengruppe Österreich) hat seit Donnerstag die zweite bundesweite Privatradiolizenz nach Kronehit. Die Fellners tauschen dafür nun ihre Regional- und Lokalradios wie Antenne Salzburg, Oe24-Programme von Wien bis Vorarlberg und einen Teil der bisherigen Lounge-FM-Kanäle ein. Sie ersparen sich damit teure lokale Programmelemente. Doch der weitere bundesweite Radiokanal kommt in einer späten Phase von UKW-Radio.

  • Updates im Text: Wolfgang Fellner, Gründer, Herausgeber und Macher der Mediengruppe Österreich, über das bundesweite Radioprojekt.

"Melodiös und harmonisch"

Neun Monate haben die Fellners laut Bescheid Zeit, den neuen bundesweiten Sender zu starten. Antrag und Lizenz lassen weite Möglichkeiten für die Positionierung des Programms. "Melodiös und harmonisch" wollen die Fellners funken, mit dem breit interpretierbaren Musikformat AC, Adult Contemporary, und Songs von den 1980ern bis heute. Zielgruppe: 14- bis 59-Jahre, älter als die klassische Werbezielgruppe bis 49*. Wolfgang Fellner spricht von einem "sehr breiten Adult-Contemporary-Format", einem "breiten Hitprogramm für die 25- bis 50-Jährigen und darüber hinaus".

Kronehit, bisher einziger bundesweiter Privatsender, konzentriert sich erfolgreich und hitlastiger auf eine jüngere Zielgruppe. Österreichs weiterhin weitaus erfolgreichster Radiosender, der ORF-Popkanal Ö3, muss ein weitaus breiteres Publikum abdecken und kann sich nicht so gezielt wie Kronehit um die Jüngeren kümmern.

Start vor dem Sommer

Starten soll das bundesweite Radio vor dem Sommer, kündigt Herausgeber Wolfgang Fellner im Gespräch mit dem STANDARD an, auf UKW und im neuen Digitalradiostandard DAB+. Parallel dazu sollen auch zehn Sparten-Streamingkanäle online gehen, auf denen die Nachrichten des UKW-Senders ebenfalls zu hören sind, von Dance, R&B über jahrzehnteweise Hits (von den 1960ern bis zu den aktuellen Top 40) bis zu Austropop und Schlager.

Antenne Salzburg

In der Sammlung der Fellner-Radios, die nun in die zweite bundesweite Lizenz eingebracht werden, sticht vor allem die Antenne Salzburg hervor: Österreichs zweiter legaler Privatsender (damals Radio Melody) hat mit seinem älteren, regional geprägten AC-Format mit der etwas älteren Kernzielgruppe zwischen 25 und 49 Jahren den größten Publikumserfolg unter den Fellner-Kanälen. Doch nun geht die landesweite Antenne Salzburg der Fellners laut Bescheid in der bundesweiten Lizenz auf.

Das ältere, regionale Format der Antenne Salzburg soll es laut Fellner auch künftig geben. Es soll auf anderen Frequenzen der Gruppe im Bundesland laufen. Die bisherige Salzburger Lounge-FM-Frequenz würde sich dafür anbieten. Einen entsprechenden Antrag bei der Medienbehörde kündigt Fellner im Gespräch mit dem STANDARD an.

Radio Oe24?

In Wien haben die Fellners ihre Antenne nach ihrer Online-, TV- und seit 2018 auch Gratiszeitungsmarke "Oe24" umbenannt. Diese Marke drängt sich nun auch für die bundesweite Radiolizenz auf. Wolfgang Fellner will den Namen erst Ende März bekanntgeben und verweist auf noch ausständige Markttests. Ein Teil der lokalen Fellner-Sender heißt noch Antenne – aber das spießt sich mit den großen Regionalsendermarken Antenne Steiermark, Antenne Kärnten und Antenne Vorarlberg.

"Logischerweise der Dritte"

Ungewohnt zurückhaltend beschreibt Wolfgang Fellner die geplante bundesweite Marktposition in den ersten Jahren: "Logischerweise der Dritte, ein ordentlicher, respektabler dritter Platz" – wohl nach Ö3 und Kronehit. "Wir werden im ersten Jahr nicht Kronehit nach 15 Jahren Erfolgsgeschichte überholen."

Die bisherige Marktposition

In Wien, dichtester und härtester Radiomarkt des Landes, spielt der Sender mit 1,1 Prozent Tagesreichweite beim Gesamtpublikum ab zehn Jahren wie in der Werbezielgruppe bis 49 auch nach vielen Anläufen nicht vorne mit.

Die bisherige regionale Marktposition der Fellner-Radios in zwei wesentlichen Märkten, Wien und Salzburg:

Weitere Fellner- und relevante Lounge-Sender kommen (jeweils auf das gesamte Bundesland umgelegt und beim Gesamtpublikum ab zehn Jahren laut Radiotest 2018/4) auf 0,6 Prozent Tagesreichweite in Niederösterreich und 0,2 im Burgenland (Oe24 Wien), zweimal 0,3 Prozent in der Steiermark, 0,5 Prozent in Kärnten (Lounge), 0,3 in Oberöstereich (Oe24), 1,6 Prozent in Tirol (Antenne Tirol) und 0,4 in Vorarlberg (Oe24).

Mehr bundesweite Vielfalt

Mehr Medienvielfalt bei bundesweiten Radios gehe einher mit etwas weniger Vielfalt in manchen Regionen, wenn dafür Regionallizenzen eingebracht werden müssen, sagt etwa Michael Ogris, Vorsitzender der Medienbehörde Komm Austria, im Gespräch mit dem STANDARD zur Lizenzvergabe.

Bundesweit billiger

Vorteile der bundesweiten Frequenz: Sie kann auf kostspielige lokale oder regionale Programme, insbesondere Nachrichten, verzichten ( Fellner kündigt allerdings auch regionale Inhalte an, bis zu zehn Prozent des Programms können auch auf der bundesweiten Lizenz regional bespielt werden). Vorteil zudem: eine gemeinsam vermarktbare Marke. Und damit potenziell auch einfachere nationale Werbevermarktung – aber die schafft etwa der Privatradiovermarkter RMS auch für viele große und kleine Sender unter dutzenden Marken von Kronehit bis T-Rock Innsbruck und Radio Osttirol.

Der Gesetzgeber bevorzugt bundesweite Radios bei der Vergabe von neuen Frequenzen. Wenn sie bestehende Sendegebiete verdichten können, haben die nationalen Lizenzinhaber zwar keinen Vorrang, erklärt Ogris dem STANDARD. Aber wenn das nicht der Fall ist, haben sie die nächste Prioritätsstufe, wenn neue Frequenzen ihr Sendegebiet erweitern können. Kronehit hat diese Regelung geholfen, sich von 2004 bis heute ein praktisch flächendeckendes Sendernetz jenseits der 80 Prozent Abdeckung aufzubauen. Nun dürfte bei Erweiterungen vor allem der neue bundesweite Fellner-Sender zum Zug kommen.

Ohne Gesetzesänderung

Eine bundesweite Radiolizenz muss mit den eingesammelten Frequenzen 60 Prozent der österreichischen Bevölkerung technisch erreichen können – und die eingebrachten Regional- und Lokallizenzen müssen noch gültig sein. 2018 lehnte die Medienbehörde Komm Austria den ersten Antrag der Fellners ab, weil eine Lizenz von Lounge FM in Oberösterreich bald nach dem Antrag ablief.

"Österreich"/"Oe24"-Herausgeber Fellner drängte daraufhin auf eine "rasche Korrektur" des Privatradiogesetzes. Es verlangt, dass Radiolizenzen zumindest zwei Jahre rechtskräftig und aufrecht sein müssen, um sie in eine bundesweite Lizenz einzubringen. Argumentation damals: Damit würde diese nationale Radiolizenz praktisch verunmöglicht. Die – unüblicherweise – in den Verkehrsausschuss des Nationalrats eingebrachte Novelle scheiterte an der Skepsis der SPÖ. Die Fellners schafften nun auch ohne unbedingt nötige Novelle die bundesweite Lizenz. 50 Frequenzen haben Radio-Chefin Sylvia Buchhammer und Wolfgang Fellners kaufmännischer Bruder Helmuth Fellner über Jahre zusammengesammelt und das bundesweite Radioprojekt betrieben.

Wo bleibt Lounge FM?

In Oberösterreich stützte sich der zweite Antrag nun auf Lokallizenzen, die schon zum Fellner/Österreich-Konglomerat gehörten (Oe24 Oberösterreich/Antenne Oberösterreich). Von Lounge FM haben die Fellners Standorte in Salzburg, Kärnten und Steiermark übernommen; Steiermark und Kärnten kommen laut Bescheid in die neue bundesweite Fellner-Lizenz. Die Salzburger Frequenz deckt bisher vor allem die Landeshauptstadt ab, dort könnte das Antenne-Salzburg-Format unterkommen.

Lounge FM in Wien (eine immer neu befristete Veranstaltungslizenz) sowie in Oberösterreich und Innsbruck sollen beim bisherigen Betreiber Florian Novak bleiben.

UKW, DAB+, Streaming und 5G

Das zweite bundesweite UKW-Privatradio mit Lizenz über zehn Jahre startet in herausfordernden Zeiten auch für Radiosender und ihre bisher genutzte Übertragungstechnologie: Ende Mai soll nach Wien DAB+ bundesweit starten, zunächst in Wien, Linz und Graz und zum Start 60 Prozent der österreichischen Bevölkerung erreichen können.

DAB+ kostet einen Bruchteil der UKW-Übertragung, braucht aber auch neue Empfangsgeräte. Bei relevanter Verbreitung ließe sich diese Sendetechnik relativ günstig parallel betreiben, für knapp sechsstellige Beträge pro Jahr ist man schon bundesweit dabei. Auf UKW bundesweit zu senden, ist vielfach teurer.

Die klassische Radionutzung geht selbst nach den Daten des Radiotest zurück, besonders deutlich sichtbar im großstädtischen Markt Wien – wohl zurückzuführen auf Streamingangebote.

Neue Verbreitungswege warten schon hinter der nächsten Ecke: Der nächste Mobilfunk-Standard 5G kann technisch auch Rundfunk übertragen.

Förderfragen

Bisher sammelt der weitverzweigte Firmenkomplex um "Österreich" und "Oe24" mit vielen Regional- und Lokalradios in Summe viele Einzelförderungen aus dem Privatrundfunkfonds ein.

Radiosender der Familie Fellner (oe24, Antenne Salzburg) kommen (ohne inzwischen übernommene Lounge-Sender) auf gut 400.000 Euro Förderung beim ersten Fördertermin 2019. Arabella-Radios auf rund 355.000, Styria-Sender auf 345.000, 88.6 auf 276.000 und Kronehit auf 186.000 – mehr über Medienförderungen unter diesem Link.

Ein Tausch der vielen kleinen Lizenzen gegen eine bundesweite muss nicht unbedingt weniger Förderung bedeuten – Kronehit hält sich hier eher zurück. Die zu einer überregionalen Lizenz vereinten 88.6-Radios etwa kommen dennoch auf solide Förderbeträge. (fid, 21.2.2019)