Kardinal Christoph Schönborn verriet, dass er selbst in seiner Jugend sexuell belästigt wurde.

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"Ich habe in den letzten 30 Jahren mit vielen Missbrauchsopfern gesprochen", erklärt Kardinal Christoph Schönborn in einer Videobotschaft an den Papst, die die Erzdiözese Wien schon vor Beginn des Antimissbrauchsgipfels auf ihrer Homepage veröffentlicht hat. Das Wichtigste sei das Zuhören: Die Schwelle der Angst sei bei den Opfern sehr groß, und viele von ihnen würden Jahrzehnte benötigen, bis sie in der Lage seien, über den Missbrauch zu sprechen. "Die entscheidende Frage ist, ob wir ihnen glauben."

Erzdiözese Wien

Schönborn, der ansonsten auch gerne mal als konfliktscheu gilt, war in den vergangenen Wochen grundsätzlich sehr aktiv bezüglich der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen. Er führte mit der ehemaligen Nonne Doris Wagner, selbst ein Opfer, ein offenes und im Fernsehen übertragenes Gespräch. Dabei verriet er, dass auch er in seiner Jugend von einem Pfarrer sexuell belästigt wurde. Und zuletzt forderte er Reformschritte in Richtung Gewaltenteilung in der Kirche sowie eine Stärkung der Rolle der Frau.

Deutliche Worte

Schönborn wird also ein wichtiger Protagonist des Treffens sein. Aber nicht der einzige: Vor allem auch deutsche Bischöfe haben sich im Vorfeld zum Teil mit deutlichen Worten in der Öffentlichkeit gemeldet. Der frühere Kurienkardinal Walter Kasper plädiert zum Beispiel für die Einrichtung unabhängiger Verwaltungsgerichte, die nicht nur von Klerikern besetzt sein dürften: "In jeder Diözese braucht es solche Gerichte als Ansprechpartner und zugleich als Beschwerdestellen, an die man sich wenden können muss", fordert der 85-jährige Kasper.

Einig sind sich die beiden deutschsprachigen Kardinäle dabei, dass die Aufarbeitung des Skandals weltweit sehr unterschiedlich fortgeschritten ist. "Es gibt Regionen, in denen nur wenig Bewusstsein für das Thema Missbrauch vorhanden ist", sagt Kasper. (straub, ksh, 21.2.2019)