Allen Unkenrufen zum Trotz sind die umfangreichsten Wahlen in der Geschichte Afrikas noch einmal glimpflich abgelaufen. Am Samstag waren fast 73 Millionen Nigerianer zur Wahl eines neuen Präsidenten und Parlaments aufgerufen: Nachdem der Urnengang vor einer Woche wegen organisatorischer Mängel in letzter Minute verschoben werden musste, sahen Beobachter bereits das Schlimmste voraus. Abgesehen von einzelnen Unregelmäßigkeiten wie dem verspäteten Eintreffen von Unterlagen an einigen Wahllokalen, den Defekten elektronischer Kartenlesegeräte oder dem offensichtlichen Stimmenkauf in manchen Landesteilen lief die Abstimmung überraschend reibungslos ab: Beobachter bezeichneten sie sogar als die an Zwischenfällen ärmste Wahl in der Geschichte Nigerias.

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In Yola berieten sich die Bewohner über die Wahl.
Foto: AP Photo/Sunday Alamba

Lediglich in einigen der 36 Bundesstaaten kam es auch zu vereinzelten gewalttätigen Zwischenfällen, denen nach Angaben zivilgesellschaftlicher Gruppen mindestens 16 Menschen zum Opfer fielen. Erwartungsgemäß nutzte auch die im Nordosten des Landes aktive extremistische Boko-Haram-Sekte den Wahltag zu mehreren Angriffen: In Maiduguri, der Hauptstadt des Bundesstaates Borno, soll dabei ein Soldat ums Leben gekommen sein, während in dem Städtchen Geidam im Bundesstaat Yobe zahlreiche Wähler nach einem Boko-Haram-Angriff an der Abgabe ihrer Stimme gehindert wurden. In Wahllokalen, in denen die Unterlagen zu spät eintrafen, durften die Wähler ihre Stimme auch nach dem offiziellen Ende des Urnengangs – teilweise sogar noch am Sonntag – abgeben. "Im Großen und Ganzen", so John Tomaszewski vom Internationalen Republikanischen Institut der USA, "waren die Wähler überraschend geduldig."

Ergebnisse frühestens am Dienstag

Am Sonntag wurde bereits mit der Auszählung der Stimmen begonnen: Erste Trendergebnisse und Angaben über die Höhe der Wahlbeteiligung werden frühestens am Dienstag erwartet. Kenner des Landes sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Amtsinhaber Muhammadu Buhari (76) und seinem Herausforderer Atiku Abubakar (72) voraus: Angesichts des knappen Wahlergebnisses könnte es bei der Bekanntgabe des Ergebnisses noch zu größeren Konflikten und Vorwürfen der Wahlfälschung kommen.

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Die Auszählung der Stimmen dürfte ein wenig Zeit in Anspruch nehmen.
Foto: REUTERS/Afolabi Sotunde

Sowohl Ex-General Buhari als auch der neoliberale Geschäftsmann Abubakar sind Muslime aus dem Norden des Landes, was den ethnischen und religiösen Spannungen entgegenwirkt, von denen Nigeria ansonsten beherrscht wird.

Analysten hatten sich in den vergangenen Tagen den Kopf darüber zerbrochen, welcher der beiden Kandidaten von der Verschiebung der Wahlen profitieren würde. Während sich die Inkompetenz der Wahlkommission negativ auf den amtierenden Präsidenten auswirken dürfte, zieht dieser aus einer niedrigeren Wahlbeteiligung Nutzen: Viele Nigerianer konnten es sich nicht leisten, ein zweites Mal in so kurzer Zeit zum Ort ihrer Registrierung zu reisen. Flug- und Bus-Unternehmen hatten allerdings Sonderpreise angeboten: Sogar den Benzinpreis hatte die Regierung vorübergehend gesenkt. (Johannes Dieterich, 24.2.2019)