Vor knapp einem Jahr ist an dieser Stelle eine Kolumne erschienen, in der ich über eine fiktive, von der Korruptionsstaatsanwaltschaft angeordnete Razzia im Justizministerium spekuliert habe. Anlass dieser Aktion wäre die aufklärungswürdige Verzögerung der Einvernahme Herbert Kickls gewesen, im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen illegaler Geldflüsse seiner Agentur Ideenschmiede zur FPÖ. Der Titel der Kolumne: "1. April 2018".

Vor drei Wochen hat uns Justizminister Moser in einer auf der Parlaments-Webpage veröffentlichten, aber merkwürdigerweise medial bislang ignorierten Beantwortung einer Anfrage der Neos wissen lassen, dass der ministerielle Weisungsrat sich mit der Causa Ideenschmiede demnächst befassen werde, "eine Verjährung der den Beschuldigten zur Last gelegten strafbaren Handlungen ausgeschlossen ist" und der Abschluss der Ermittlungsmaßnahmen an einem bestimmten Tag erfolgt wäre: am 1. April 2018.

Der Mutmaßung, es handle sich hier um einen perfiden Aprilscherz, bei dem die durch Korruption und Veruntreuung von Steuergeldern geschädigten Bürgerinnen und Bürger dieses Landes die Gefoppten sind, kann entgegengehalten werden, dass es laut Justiz-Insidern doch noch zu einer Anklage kommen soll. Nämlich gegen Thomas Sila, den Geschäftsführer der Ideenschmiede. Nicht jedoch gegen den Eigentümer der Agentur, Kickl. Begründung: Für die mutmaßliche Untreue seines Geschäftsführers könne der Eigentümer nichts.

Charakterliche Verwahrlosung

Das verwundert ein wenig, zumal Sila sich in einem bei einer Hausdurchsuchung im Keller der Agentur sichergestellten Vertrag dazu verpflichtet, Kickl "von allen ihm zur Kenntnis gelangenden Ereignissen zu unterrichten, die geeignet sind, die Interessen der Gesellschafter (=Eigentümer) zu beeinflussen".

Hat hier der Geschäftsführer also den Eigentümer hintergangen? Das wäre ein Zeichen charakterlicher Verwahrlosung, denn laut Sila hat ihm Kickl in einem Akt beispielloser Großzügigkeit die Firma per schriftlichen Vertrag später geschenkt. Kickl selbst spricht von einer mündlichen Schenkung, sein Steuerberater wusste von all dem nichts und ging davon aus, dass Kickl nach wie vor Eigentümer ist.

Menschlich umso beeindruckender, dass unser Innenminister dem pflichtvergessenen Sila im Vorjahr eine zweite Chance gab und bei dessen neuer Agentur ohne Ausschreibung ein Logo für die Polizeieinheit Puma bestellte. Als das bekannt wurde, erklärte das Innenministerium, dass es sich bei dem Logo um ein Geschenk handle. Offenbar hat Sila spät, aber doch, von Gewissensbissen geplagt, die moralische Verpflichtung zu einem Gegengeschenk erkannt.

All das zeugt von der Großherzigkeit Kickls, die er aber in seiner bekannt bescheidenen Art nicht an die große Glocke hängen will und deshalb derzeit versucht, mit anderen Themen abzulenken. In Wahrheit ist ihm natürlich "Schutzhaft" ein viel weniger wichtiges Anliegen als sein persönlicher Haftschutz. Dieser scheint ihm von unserer Justiz gewährt zu werden. Sogar ohne dass Kickl vorher erklären müsste, warum er mit seiner eigenen Firma nichts zu tun hatte. (Florian Scheuba, 27.2.2019)