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Vor dem 200 Jahre alten Prado thront eine Statue von Diego Velázquez. Der Maler hat unzählige Werke beeinflusst, die im Museum zu sehen sind.

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Rund um den Prado findet man zum Beispiel den Markt San Miguel.

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Die Calle de Alcala ist eine der längsten Straßen Madrids.

An der Puerta del Sol, dem Wahrzeichen des Stadtzentrums von Madrid, fließen die wichtigsten Straßen der Hauptstadt Spaniens zusammen.

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Der Prado ist mehr als ein Museum, er ist Spaniens Kollektivgedächtnis. Eines, das sich aus 35.000 Einzelteilen zusammensetzt. So viele Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Drucke, Wandteppiche, Münzen, Waffen, Fotografien, Bücher und Landkarten beherbergt das Museo Nacional del Prado. Darunter 81 Werke von Diego Velázquez und 933 von Francisco de Goya in einer enormen Sammlung spanischer Kunst von der Romanik bis Ende des 19. Jahrhunderts.

In diesem Jahr feiert Madrids meist besuchte "Wiese", so die wörtliche Übersetzung von "prado", ihren 200. Geburtstag. Mehr als hundert Aktivitäten stehen auf dem Festprogramm, die erste ist die Ausstellung "Der Prado 1819-2019. Ein Ort der Erinnerung". Die läuft zwar nur mehr bis 10. März, soll aber auf der Webseite später permanent besucht werden können. Die Schau ist einerseits ein Best-of aus 168 Werken, andererseits zeigt sie, und das ist viel wichtiger, wie sehr die alten Gemälde moderne Künstler inspiriert haben.

Abmalen und zitieren

Von Monet und Picasso bis Motherwell und Pollock kamen viele mit Stift und Block nach Madrid, malten ab oder interpretieren neu, was sie sahen. Spanische Künstler übten mit Zitaten alter Meister vor allem versteckte Kritik am Franco-Regime. Der Diktator nutzte das Museum für Staatsbesuche, ansonsten passierte dort bis in die 1980er-Jahre nicht viel. "Kunst und Diktaturen vertragen sich nicht", sagt Carlos Chaguaceda, Kommunikationschef des Museums, "der Prado war damals grau und leblos."

Heute ist er sehr lebendig. Drei Millionen Besucher kommen pro Jahr in dieses Haus, es ist ein bedeutender Tourismusmotor, der ständig wächst: 900 Werke konnten bis zur Erweiterung des Prado durch Rafael Moneo im Jahr 2011 gezeigt werden, heute ist schon Platz für knapp 1.200 Werke. Mit Norman Fosters Ausbau, der 2020 beginnt, soll noch mehr Raum geschaffen werden.

Spanische Kunst bekannt machen

Im Jubeljahr wird auch die Liebe der Spanier zu ihrem Museum deutlich. Zu Zeiten der Zweiten Republik (1931-36) wurden noch einzelne Bilder in Dörfer gebracht, damit einfache Leute, die sich eine Reise nach Madrid nicht leisten konnten, einmal im Leben einen echten Goya oder Velázquez sehen konnten. In der Ausstellung ist ein Schwarz-Weiß-Foto von 1932 aus einem zentralspanischen Dorf zu sehen, auf dem sich Frauen mit Kopftüchern, Schultertüchern und knöchellangen Röcken vor Velázquez’ großformatigem Bild "Die Spinnerinnen" drängeln.

Als 1936 der Spanische Bürgerkrieg ausbrach, wurden die Bilder in Militärlastwagen aus Madrid weggebracht, erst nach Valencia, dann nach Barcelona, schließlich über die Grenzen bis nach Genf. "Erstaunlicherweise sind alle erhalten geblieben", erzählt Chaguaceda, "einen Goya zu stehlen, das traute sich offenbar niemand."

Angeordnet wurde der Bau des Prado von König Ferdinand VII. und dessen junger, kunstinteressierter Frau Maria Isabella von Portugal, die ein Jahr vor der Eröffnung am 19. November 1819 gestorben war. Die Herrscher wollten nach unruhigen Jahren dem Volk zeigen, was in den Palästen versteckt war: 311 Werke aus der Königlichen Kunstsammlung wurden in dem neoklassizistischen Bau ausgestellt. Geöffnet war damals nur am Mittwochvormittag. Das Museum sollte die spanische Kunst in Europa überhaupt erst bekannt machen.

Spielen, jagen, trinken

Es war die Zeit von Francisco de Goya. Er hat das frühe 19. Jahrhundert porträtiert, mit Szenerien aus dem Leben der Madrilenen: Er malte spielende Kinder, Wäscherinnen, Jäger oder Trinker; aber auch brutale Szenen des Unabhängigkeitskrieges (1808-1814) gegen die Napoleonischen Truppen.

Für Chaguaceda ist klar: Der Prado ist nicht nur das Gedächtnis, er ist auch die Seele Spaniens. Er erinnert sich, wie er als Kind aus der Provinz nach Madrid gereist ist, um nach dem Ende der Diktatur die ersten großen Ausstellungen zu besuchen.

Wer die Klassiker ungestört betrachten will, kann das am besten wochentags ab 17 Uhr tun. Denn die Reisegruppen gehen am Morgen ins Museum und die meisten Einheimischen warten bis 18 Uhr, dann ist der Eintritt kostenlos. In der Stunde davor kann man den Prado in Ruhe genießen – und dabei ein ganzes Land verstehen lernen. (Brigitte Krammer, 7.3.2019)