Wien – Nur mit einer Abschlussrede im Gemeinderat war es für Christoph Chorherr nicht getan. Am Donnerstag, dem letzten Tag seiner politischen Karriere, lud das grüne Urgestein noch zu einem spontanen Termin in die Donaustadt. Beim Donau-Zentrum, dem Einkaufszentrum in Kagran, stellte der 58-jährige Planungssprecher seiner Partei Pläne für ein Hochhaus vor: Dieses soll eine Niederlassung der städtischen Büchereien beherbergen.

Als Standort präsentierte Chorherr die Kreuzung Wagramer Straße/Donaustadtstraße.

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Auf dem öffentlich genutzten Grund, der den Betreibern des Shoppingcenters gehört, steht das 2011 errichtete, 38 Meter hohe Kunstwerk "Sonnenstrahl" von Klaus Rinke. Dieses soll dem Neubau weichen, der laut Widmung bis zu 85 Meter hoch werden könnte. Auch eine Überplattung der Wagramer Straße ist laut Chorherr denkbar.

Der Standort des neuen Hochhauses.
Foto: krud

Viele Details wie möglicher Baustart oder Kosten stehen trotz der wortgewaltigen Präsentation von Chorherr, für die er sogar einen Kran samt "Rundflug" über das Areal organisierte, freilich noch aus.

Ein Architektenwettbewerb soll laut dem Grünen aber "noch heuer starten". Fix ist, dass das Projekt von der Sozialbau finanziert und realisiert wird. Auch die Grundstückseigentümer sind beim Projekt mit an Bord.

Neben der Bibliothek sollen im Hochhaus auch Wohnungen, Büros oder ein Hotel errichtet werden. Laut Josef Ostermayer, Generaldirektor der Sozialbau, werden hier aber keine Sozialwohnungen entstehen. Es sollen "rein freifinanzierte Wohnungen" gebaut werden. Geworben wird schon jetzt mit einer Blickachse über die Wagramer Straße bis zum Stephansdom.

Der Blick aus rund 20 Metern Höhe in Richtung Innenstadt.
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Kein geförderter Wohnbau

Die neue Wiener Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau", die Chorherr zuletzt federführend für die Grünen mit der SPÖ verhandelt hat, kommt hier nicht zur Anwendung. Laut dieser müssen auf jeder zusätzlichen Fläche, die für Wohnen gewidmet wird, zu zwei Dritteln leistbare Wohnungen geschaffen werden – sofern die Wohnnutzfläche 5000 Quadratmeter übersteigt. Das gilt also für jedes Bauprojekt mit rund 50 Wohnungen. Das Hochhausprojekt dürfte diese Voraussetzung locker erfüllen.

Die Stadt kann via Stadtentwicklungskommission aber auch Ausnahmen beschließen, sofern es sich – wie in diesem Fall – um "gewünschte städtebauliche Projekte" handelt. Chorherr verweist zudem darauf, dass bei weiteren Wohnbauvorhaben ganz in der Nähe hunderte Sozialwohnungen entstehen würden.

Faible für Hochhäuser

Chorherr, der trotz seiner Loyalität gegenüber Maria Vassilakou immer wieder auch als heimlicher Planungsstadtrat bezeichnet wurde, hat ein Faible für Hochhäuser. Unter seiner Ägide wurden die ersten städtebaulichen Verträge mit Investoren geschlossen, die sich – im Gegenzug für ihre Hochhauswidmungen – für soziale Beiträge verpflichten mussten. Ein Beispiel ist etwa das rund 160 Meter hohe Bauprojekt Danube Flats an der Reichsbrücke.

Chorherrs Vorliebe wurde auch von der umstrittenen Umwidmung am Heumarkt nicht beeinträchtigt. Chorherr verteidigte das Vorhaben samt 66-Meter-Wohnturm, der den Unesco-Welterbestatus Wiens bedrohen könnte, stets nach innen wie außen.

Später wurden Vorwürfe laut, dass aus dem Umfeld von Heumarkt-Investor Michael Tojner vor Jahren Spenden für gemeinnützige Schulprojekte getätigt worden waren, die Chorherr in Afrika ins Leben gerufen hatte. Chorherr wies einen möglichen Einfluss auf seine politische Tätigkeit energisch zurück: Er trat später aus dem Verein zurück, um ihm "keinen Schaden zuzufügen".

27 Jahre lang im Gemeinderat

Chorherr, der als Pragmatiker gilt, saß 27 Jahre lang im Gemeinderat. Er war (ab 1991) der erste nicht amtsführende Stadtrat der Grünen und fast zwei Jahre lang bis Dezember 1997 auch Bundessprecher der Partei.

Christoph Chorherr (58) saß 27 Jahre für die Grünen im Wiener Gemeinderat – und unterstützte auch einige Hochhausvorhaben.
Foto: APA / Herbert Pfarrhofer

Künftig ist Chorherr als Biobäcker beim Nordbahnhof tätig. Und via Blog wird er wohl weiter politische Entwicklungen kommentieren. Peter Kraus, seinem Nachfolger als Planungssprecher, versprach er aber, nicht hineinzukeppeln. (David Krutzler, 28.2.2019)