Weil sich viele das Wohnen auf wenig Platz nicht vorstellen können, hat der Immobilienentwickler C&P eine Musterwohnung errichtet.

Foto: C&P Immobilien

In neuen Grazer Stadtvierteln ist ein wachsender Trend zu schrumpfenden Wohnungen zu bemerken: In Gebieten wie Reininghaus oder dem Brauquartier Puntigam entstehen derzeit hunderte Mikrowohnungen. Das deutsche Unternehmen iLive kündigte schon vor zweieinhalb Jahren ein Projekt mit 325 Mikroapartments in Reininghaus an.

Die Wohnungsgrößen starten dort bei 24 Quadratmetern, das "Penthouseapartment" liegt bei immer noch schlanken 44 Quadratmetern. Auch die steirische C&P Immobilien setzt voll auf das Wohnen auf wenig Platz: Derzeit baut das Unternehmen in Graz-Straßgang und im Brauquartier Puntigam Projekte mit solchen Kleinstwohnungen.

Die Grazer Stadtplanung hat diese Entwicklung bereits auf dem Radar. "Der Anteil an Kleinwohnungen steigt", bestätigt Stadtplanungschef Bernhard Inninger. Dramatisch findet er die Entwicklung derzeit noch nicht. Der Anteil liege mit zehn bis 15 Prozent des Wohnungsneubaus noch immer im "moderaten Bereich". Allerdings hat sich dieser Anteil in den vergangenen Jahren laut Inninger verdoppelt: "Das fällt auf, weil diese Mikrowohnungen besonders bei Großprojekten in Erscheinung treten."

Höhere Fluktuation

In der Steiermark sind im Unterschied zu anderen Bundesländern keine Mindestwohnungsgrößen in der Bauordnung festgelegt. In Wien liegt diese bei 30 Quadratmetern, erst im Vorjahr gab es hier Überlegungen, sie im Rahmen einer Bauordnungsnovelle zu reduzieren. In Graz gibt es längst auch Projekte mit Wohnungen, die kleiner als 30 Quadratmeter sind.

"Wir haben gewisse Bedenken, wenn es eine Ballung solcher Wohnungen gibt", sagt Stadtplanungsdirektor Inninger. Er bezweifelt, ob solche Projekte sozial nachhaltig sind. Außerdem gebe es in diesen Grätzeln eine höhere Fluktuation, weil Menschen umziehen müssen, sobald ihnen der Platz zu eng wird.

"Echte Mikrowohnungen", also Wohnungen unter 30 Quadratmetern, sieht auch Gerald Gollenz, Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Steiermark, kritisch. Er betont allerdings auch, dass vieles, was derzeit als Mikrowohnung gehandelt wird, im Grunde gar keine sei: "Eine Wohnung mit 33 Quadratmetern ist eher eine Garçonnière", sagt er.

Tatsächliche Mikrowohnungen würden aber "nicht die Lebensqualität bringen, die ich mir vorstelle", so Gollenz. Die Problematik der Mikrowohnungen ergibt sich für Gollenz daraus, "dass heute jeder in der Stadt leben will", viele könnten sich das aber nicht leisten. Seine Schlussfolgerung: "Die Leute sollen nachdenken, ob ein Wohnen 20 Kilometer außerhalb mit mehr Platz nicht besser wäre."

Diskurs gewünscht

Stadtplaner Inninger will nun jedenfalls einen Diskurs über die kleinen Wohnungen anregen. Derzeit werden Daten gesammelt, noch heuer sollen auch Wohnbauexperten und Stadtsoziologen in den Prozess eingebunden werden, später auch die Politik.

Um die Anzahl der Mikrowohnungen zu beschränken, sei es beispielsweise möglich, die Anzahl der zu bauenden Wohnungen im Bebauungsplan festzulegen. Auf Landesebene wäre es zudem auch möglich, eine Mindestgröße für Wohnungen zu definieren. Oftmals, das berichtet Inninger, sei es für die Stadt mittlerweile gar nicht mehr ersichtlich, ob ein lokaler Bauträger oder ein ausländischer Fonds ein Projekt realisiert, weil es schon während der Planungs- und Bauphase mehrfach weiterveräußert wird. (Franziska Zoidl, 5.3.2019)