Die meisten Mikroorganismen, die Methan für ihren Stoffwechsel nutzen, leben tief im Erduntergrund oder in heißen Quellen, wie etwa dem Morning Glory Pool im Upper Geyser Basin, Yellowstone National Park (Wyoming).

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Bremen – Methan gilt als potentes Treibhausgas, das rund 25 Mal so wirksam ist wie Kohlendioxid. Laut aktuellem Stand trägt es zu 20 Prozent zum anthropogenen Treibhauseffekt bei. In der Atmosphäre kommt es natürlicherweise nur in Spuren vor. Etwa die Hälfte des menschengemachten Methans stammt aus der Landwirtschaft und dabei hauptsächlich aus der Viehwirtschaft. Außerdem dient der Hauptbestandteil des Erdgases Mikroorganismen als Energieträger. Nun haben internationale Wissenschafter festgestellt, dass Mikroben Methan wesentlich vielfältiger nutzen als bisher angenommen.

Wenn kein Sauerstoff vorhanden ist, können sogenannte methanogenn Archaeen Methan erzeugen. Andere Mikroorganismen wiederum – Archaeen, die mit Bakterien in Symbiose leben – können Methan als Nahrung nutzen. Egal, ob Methan produziert oder verzehrt wird – immer ist das gleiche Enzym der Schlüssel: die Methyl-Coenzym M-Reduktase (MCR). Dieses Enzym erzeugt Methan und kann dieses Gas auch wieder aufbrechen. Für lange Zeit glaubten Forscher, dass nur wenige Arten von Mikroben Methan auf die eine oder andere Weise umsetzen können. Nun jedoch mehren sich die Anzeichen, dass wichtige Schlüsselfiguren im Methankreislauf übersehen wurden.

Spurensuche in Genom-Datenbanken

Wissenschafter der Jiao Tong Universität in Shanghai (China) und des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen wollten das nun genauer wissen. Sie durchsuchten weltweite Genom-Datenbanken, in denen unzählige Informationen zu den bisher in der Umwelt gefunden Genen gesammelt sind, nach neuen Methan-Organismen. Ihr Trick: Sie suchten dabei nicht nach bestimmten Organismen, sondern nach dem Schlüsselenzym.

Bei seiner Suche nach Gensequenzen, die den bekannten MCR-Genen ähneln, wurde Erstautor Yinzhao Wang von der Jiao Tong Universität bald fündig. Er entdeckte eine ganze Reihe bisher unbekannter Gene, die die nötigen Informationen zur Herstellung von MCR tragen. "Diese MCRs lassen sich grob in drei Gruppen einteilen", so Yinzhao Wang. "Eine Gruppe umfasst die bekannten Gensequenzen. Die anderen beiden Gruppen sind völlig neu." Diese neuen Sequenzen dienten den Forschern als erstes Puzzlestück, um in der Unmenge der vorhandenen Daten möglichst vollständige Genome zu finden.

Bedeutend für die globale Kohlenstoffbilanz

Die im Fachjournal "Nature Microbiology" präsentierten Ergebnisse überraschten das Team: Die zusammengepuzzelten Genome unterschieden sich völlig von denen bekannter Methan-Mikroben. "Wir fanden zum Beispiel MCR in Archaeoglobi und auch in Archaeen aus dem TACK-Superstamm. Solche Stoffwechselwege sind bei diesen Organismen bisher nicht vermutet worden", berichtet Fengping Wang von der Jiao Tong Universität, die Initiatorin der Studie. Die vorliegenden Resultate zeigen, dass verschiedene Varianten des Methanstoffwechsels in Archaeen weit verbreitet sind. Das deutet darauf hin, dass diese Mikroorganismen eine größere Bedeutung für die globale Kohlenstoffbilanz haben als bislang vermutet.

Was die Mikroben mit diesen Stoffwechselwegen im Detail anfangen, ist noch nicht geklärt. Bei einigen Organismen scheint es so zu sein, dass sie Methan erzeugen. Andere scheinen hingegen Methan zu oxidieren. "Unsere Ergebnisse sind sehr spannend! Vermutlich haben wir die ersten Archaeen entdeckt, die Methan ohne Partnerbakterien mit Sulfat veratmen können", sagt Gunter Wegener vom Bremer Max-Planck-Institut. "Andere ernähren sich offensichtlich nicht von Methan, sondern von anderen Kohlenwasserstoffen." Die Genome geben nur Hinweise auf die Lebensweise dieser Archaeen. "Häufig wissen wir nicht, in welche Richtung die Organismen den offensichtlich sehr flexiblen Stoffwechselweg der Methanerzeugung nutzen", so Wegener.

Laborzüchtungen mit Proben aus der Tiefe

Um genau zu verstehen, was die gefundenen Organismen treiben, und um die genombasierten Hypothesen zu prüfen, wollen die Forscher nun versuchen, diese Organismen im Labor zu kultivieren. Dies dürfte jedoch nicht ganz einfach werden, denn sie scheinen bevorzugt an heißen Quellen und tief im Untergrund der Erde zu leben. Mit Material von diesen Orten werden die Wissenschafter ihre Kultivierungsversuche beginnen. (red, 5.3.2019)