Mailand – Die mögliche Berufung des saudi-arabischen Kulturministers, Prinz Badr bin Farhan Al Saud, in den Aufsichtsrat der Mailänder Scala löst parteiübergreifenden Protest aus. Nicht nur Rechtsparteien, auch Mitte-links-Kräfte protestieren gegen Finanzmittel aus Saudi-Arabien, die in die Kassen des Opernhauses fließen könnten.

"Das ist eine Angelegenheit, die wir zusammen mit dem Außenministerium in Rom vertiefen müssen", erklärte der italienische Kulturminister Alberto Bonisoli laut Medienangaben vom Dienstag. Er soll auch ein Gespräch mit dem italienischen Botschafter in Saudi Arabien in Rom planen. Dass Ausländer italienische Opernhäuser unterstützen wollen, sei zwar positiv. Im Fall des saudiarabischen Kulturministers müsse man jedoch "Aspekte diplomatischer Natur" berücksichtigen, die mit dem italienischen Außenministerium ergründet werden müssten, sagte Bonisoli.

Niemand wolle die Unabhängigkeit der Scala als Institution beschneiden, argumentierte Bonisoli. Wichtig sei der Beschluss des am 18. März tagenden Scala-Aufsichtsrats. Dieser wird das letzte Wort über den Einstieg des saudiarabischen Kulturministers in das Scala-Führungsgremium haben.

Pereira dementiert Debatte

Scala-Intendant Alexander Pereira verteidigt indes seinen Plan einer Berufung von Prinz Badr bin Farhan Al Saud. Die saudi-arabischen Finanzierungen für die Scala seien eine Gelegenheit, die man beim Schopf packen müsse, sagte Pereira im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica".

Der seit 2015 amtierende Intendant dementierte Meinungsverschiedenheiten unter den Mitgliedern des Scala-Aufsichtsrats wegen der Zusammenarbeit mit dem saudi-arabischen Minister. "Es hat keinen Widerstand gegeben, nur eine Debatte, die ein Aufsichtsratsmitglied gestartet hat, ob es angebrachter wäre, die Unterstützung der Regierung in Riad oder der saudi-arabischen Ölgesellschaft Aramco zu haben. Niemand hat jedoch bestritten, dass es sich um eine Chance handle, die man nutzen sollte", sagte Pereira.

Sollte der Aufsichtsrat aufgrund der Diskussionen zurückrudern, könnte der Kulturminister als Privater die Scala finanzieren. "Oder er könnte seinen Vorschlag anderswo einreichen. In Frankreich wartet man auf nichts anderes", warnte Pereira.

Politiker protestieren

Der sozialdemokratische Europaparlamentarier Antonio Panzeri, Vorsitzender der Straßburger Kommission für Menschenrechte, meinte, der Einzug des saudi-arabischen Kulturministers in den Scala-Aufsichtsrat wäre eine "Ohrfeige" für Mailand. Die Stadt setze sich für Freiheit und Demokratie ein.

Die rechte Oppositionspartei "Brüder Italiens" (FdI) meinte, Italien solle eine Spitzeninstitution wie die Mailänder Scala schützen und jede Form von Finanzierung aus Saudi-Arabien ablehnen. Der FdI-Parlamentarier Federico Mollicone forderte mehr Transparenz im Umgang mit Finanzierungen aus dem Ausland für italienische Kulturinstitutionen.

Der Mailänder Bürgermeister, Giuseppe Sala, der auch Präsident der Scala-Stiftung ist, betonte, dass die saudi-arabischen Fonds zur Internationalisierung des Theaters und zur Stärkung seines Ansehens im Nahen Osten beitragen könne. Die Stiftung werde jedenfalls darauf achten, dass es sich um vollkommen transparente Finanzierungen handle.

Der Präsident der Region Lombardei, Attilio Fontana, rief den Scala-Aufsichtsrat auf, das Thema der saudi-arabischen Finanzierungen genau zu prüfen. Zwar sei es wichtig, auch in den Golfländern Scala-Konzerte zu veranstalten. Jede Form von kultureller Zusammenarbeit sei positiv, das Thema der Finanzierungen aus Saudi-Arabien müsse jedenfalls vertieft werden.

Politkontakte

Die Verhandlungen mit dem saudi-arabischen Kulturminister sollen nach Kontakten zur Regierung in Riad und Aramco aufgenommen worden, die mit Hilfe von Vertrauensleuten um den Präsidenten der Region Lombardei, Attilio Fontana, entstanden seien. Der saudi-arabische Kulturminister hatte dann am 7. Dezember anlässlich der Scala-Saisoneröffnung seinen italienischen Amtskollegen Alberto Bonisoli getroffen. Pereira erklärte, er habe den Mailänder Bürgermeister und Präsidenten der Scala-Sfiftung Giuseppe Sala über die Gespräche mit dem Prinzen informiert.

Der gibt Auskunft: "Es ist richtig, Finanzierungen für die Scala auch außerhalb Italiens zu finden. Die Frage ist, was dafür gefordert wird. Diesen Aspekt werden wir vertiefen". (APA, 5.3.2019)