Im Studio: Foodora- und Mjam-Chef Artur Schreiber und die Gewerkschafterin und Buchautorin ("Die neue Arbeiterinnenklasse") Veronika Born Mena. Es moderierte András Szigetvari.

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Bei der Live-Debatte im STANDARD-Studio ging es um Foodora, Mjam & Co.
DER STANDARD

Was können und sollen aufstrebende digitale Plattformen wie Foodora, Mjam und Uber ihren Beschäftigten bezahlen, was ist wirtschaftlich leistbar für die Unternehmen? Über diese Frage wurde am Mittwoch im STANDARD-Studio live diskutiert und heftig gestritten: Die Gewerkschafterin Veronika Bohrn Mena, die atypisch Beschäftigte vertritt, attackierte den zweiten Studiogast, Foodora- und Mjam-Österreich-Boss Artur Schreiber.

Ihr Vorwurf: Unternehmen wie Foodora lagern das unternehmerische Risiko an Arbeitnehmer aus, weil sie nur ganz wenige anstellen, und agieren bei der Bezahlung knausrig.

Born Mena startete mit folgender Ansage in die Debatte: "Ich würde nie sagen, man soll die Plattformen zusperren. Ich frage mich nur, warum die Person, die mir die Pizza bringt, einen Hungerlohn verdienen muss."

90 Prozent freie Dienstnehmer

Schreiber konterte: Kritiker wie Born Mena würden zu oft alles in einen Topf werfen und Dienstleistern wie Foodora und Mjam Dinge vorwerfen, die eigentlich bei anderen "schwarzen Schafen" der Branche vorkämen. Schreiber legte das Foodora-Modell offen. Von den rund 700 bis 800 Fahrern, die für Mjam und Foodora in Österreich fahren, seien rund zehn Prozent angestellt, die übrigen arbeiten als Selbstständige.

Das sei bewusst so gewählt worden: Der überwiegende Teil der Kuriere wolle selbst entscheiden, wann sie Essensbestellungen ausliefern.

Ein Selbstständiger verdient pro Zustellung vier Euro, Foodora garantiere acht Euro Mindestverdienst pro Stunde. Die Angestellten bekommen ein Grundgehalt von acht Euro die Stunde, hinzu kommen noch die Trinkgelder. Schreiber hielt fest: Die Kurier- und Zustelbranche sei "ein Niedriglohnsektor, da brauchen wir uns nichts vormachen. Solange der Kunde nicht bereit ist, fünf Euro Liefergebühr zu zahlen, ist das das Maximum, was geht.". Und: Delivery Hero, der Konzern, zu dem Foodora und Mjam gehören, habe noch keinen Euro Gewinn gemacht. "Das Geschäftsmodell ist eine Wette auf die Zukunft", so Schreiber.

Wer will einen Kollektivvertrag?

Gewerkschafterin Bohrn Mena kritisierte, dass Beschäftigte nicht von Löhnen wie bei Foodora leben können. Dabei verdiene das Unternehmen sehr wohl bei jeder Bestellung mit.

Und: Sie sprach von einem "Wettbewerb nach unten", weil es nach wie vor keinen Kollektivvertrag in der Branche gebe. Das bedeutet auch, dass zum Beispiel Fahrradboten kein Recht auf ein 13. und 14. Monatsgehalt haben, das in Österreich nur in den Tarifverträgen, nicht aber gesetzlich fixiert ist. "Das Modell baut darauf auf, dass wir einen großen Druck am Arbeitsmarkt haben und viele nirgendwo sonst einen Job finden. Das System kann aber nicht darauf bauen, dass Beschäftigte nichts verdienen."

Schreiber sagte, dass er sich auch einen Kollektivvertrag für die Kuriere wünsche, darin aber nur "realistische" Dinge festgehalten werden dürften. Wenn etwa die Gewerkschaft einen arbeitsfreien Sonntag fordere, sei das nicht leistbar. (red, 6.3.2018)