Stiefel, olivgrüne Hosen, blassgrüne Hemden. Die Kadetten der griechischen Militärakademie unterscheiden sich von den restlichen Studierenden an der Aristoteles-Universität in Thessaloniki zumindest optisch deutlich.

Foto: Heribert Corn

Eine Gruppe Studierender schlendert über das Gelände der Aristoteles-Universität in Thessaloniki. Ihre blassgrünen Hemden haben sie in die olivfarbenen Hosen gesteckt. An den Füßen tragen sie schwarze Schnürschuhe. Die Frauen haben ihre Haare zu einem strengen Zopf gebunden. Die Haare der Männer sind kurzgeschoren. Alle haben sie ein olivgrünes Käppchen auf. Sie sind Kadetten der Militärakademie, studieren Medizin oder verwandte Fächer und leisten Heeresdienst. Für eine finanziell stabile Zukunft haben sie sich dem Militär verpflichtet.

So auch Sophokles Papadopoulos. Als er 18 Jahre alt war, legte ihm seine Mutter nahe, sich an der Akademie zu bewerben. So habe er die Chance auf ein Medizinstudium und ein gutes Einstiegsgehalt. Das griechische Universitätssystem ist sozial, studieren ist kostenlos, und die Studierenden werden in der Mensa sieben Tage die Woche mit Essen versorgt. Aber in einer krisengeschüttelten Zeit, in der die meisten Familien von den Pensionen der Großeltern abhängig sind, ist vor allem eines wichtig: eine stabile, selbstständige Zukunft nach dem Studium.

Papadopoulos war ein guter Schüler. Aus ganz Griechenland erhalten jährlich nur 150 Bewerber mit Bestnoten einen Platz an der Medizinischen Militärakademie für Korpsoffiziere, er war einer von ihnen. Wird man angenommen, ist das Studium für sechs Jahre durchfinanziert. Jeden Monat erhalten die Kadetten ein Taschengeld von 100 Euro. Dafür verpflichten sie sich zu zwölf Jahren Militärdienst. Papadopoulos ist bis heute beim Militär, sein Name wurde daher von der Redaktion geändert.

Die Mission der Akademie ist laut Website die "harmonische Kombination aus wissenschaftlichem und militärischem Training". Durch die Ausbildung der Kadetten wird der Bedarf des Militärs an Fachkräften gedeckt.

Wissen und Waffe

Leicht ist die Studienzeit nicht. "In den ersten Monaten wollte ich den Lehrgang abbrechen", sagt Papadopoulos. Neben dem Medizinstudium durchlief er die militärische Ausbildung und durfte die Akademie nur am Wochenende verlassen, um seine Familie zu besuchen. Die Akademie ist ein kastenartiges Gebäude an einer der verkehrsreichsten Straßen der Stadt. Es ist versteckt hinter hohen Bäumen und Stacheldrahtzäunen, um unerwünschte Blicke draußen zu halten.

In den ersten Jahren müssen die Kadetten zusätzlich vier bis fünfmal im Monat Wachdienst am Eingang oder im Wachturm vor ihrem Heim halten, auch während ihrer freien Tagen. Der einzige Ort, an dem sie sich meist neben der Akademie aufhalten dürfen, ist der Campus der Aristoteles-Universität. Hier sind die Kadetten gemeinsam mit allen anderen Medizinstudierenden in Vorlesungen und Seminaren.

Sich einzugliedern sei dennoch nicht einfach. Immer müssen sie ihre Uniform tragen. "Am Anfang haben wir von unseren Mitstudierenden viele irritierte Blicke kassiert", erinnert sich Papadopoulos. Das Nichttragen der Uniform wurde besonders am Anfang hart bestraft, etwa mit Ausgangsverboten. "Im fünften und sechsten Jahr haben wir es manchmal geschafft, heimlich in Zivilkleidung auszugehen."

Militär an erster Stelle

Papadopoulos verbrachte das erste Jahr nach seinem Studium in einem Militärkrankenhaus in Athen. Danach wurde er für drei Jahre als Arzt bei einer Brigade eingeteilt. Wahlfreiheit blieb ihm dabei keine: "Wo immer die Brigaden hingehen, du gehst mit ihnen." Sieben Monate war er im Kosovo, viele seiner Kollegen landeten in Afghanistan.

Schließlich erhielt er die Aufforderung, eine Spezialisierung zum Rehabilitationsarzt zu machen. Die fünf zusätzlichen Ausbildungsjahre werden nicht in seinen Militärdienst eingerechnet. Das heißt, er beendet den Pflichtdienst nicht wie ursprünglich erwartet mit 36, sondern erst mit 40 Jahren. Deshalb spielte Papadopoulos mit dem Gedanken auszutreten. Doch dann müsste er Strafe zahlen: Wegen der noch abzuleistenden fünf Jahre wären es laut seiner Rechnung 120.000 Euro.

Mittlerweile konnte Papadopoulos im Heer für besondere Verdienste und herausragende Leistungen, wie etwa seine Zusatzausbildung, Punkte sammeln. Er darf deshalb mitbestimmen, wo er stationiert wird. Derzeit ist er in einer Brigade nahe seiner Heimatstadt. Außerdem hat er die Erlaubnis, in den freien Abendstunden eine private Praxis zu eröffnen.

Trotzdem gilt, was ihm in der Ausbildung eingebläut wurde: "Das Militär kommt immer zuerst". Er muss stets auf Abruf bereit sein, sollte er einen Termin mit einem Privatpatienten haben, muss er ihn für das Heer absagen. Möchte er ins Ausland reisen, muss er Monate vorher eine Bewilligung einholen. "Ein Militärdoktor zu sein ist, als läge man in Ketten", findet Papadopoulos. "Du hast keine Möglichkeit, deinen eigenen Weg zu finden, du musst tun, was man dir befiehlt." (Sarah Yolanda Koss, 11. 3. 2019)