Nico Etschberger (33) glaubt, dass die Aufstiegschancen durch das Studium steigen. Das könnte mehr Männer in den Job locken.

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Bildung beginnt nicht erst in der Schule, sondern bereits im Kindergarten. Darin sind sich Experten einig. Auch darin, dass dort Kompetenzen für die spätere Laufbahn vermittelt werden. Seit Jahren setzen sich die Pädagogischen Hochschulen (PHs) daher für eine Akademisierung der Elementarpädagogik, also der Erziehung von Kindern unter sechs Jahren, ein. Denn Österreich zählt in Europa zu den letzten Ländern, in denen ein Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule als Qualifikation für alle Aufgaben- und Funktionsbereiche im Kindergarten ausreichend ist.

Seit dem vergangenen Wintersemester kann man in sieben Bundesländern berufsgleitend Elementarpädagogik an PHs studieren. Voraussetzung für das Studium ist, dass man nach der Unterstufe die fünfjährige Ausbildung an einer Bundesanstalt für Elementarpädagogik (Bafep) oder ein dreijähriges Kolleg für Kindergartenpädagogik absolviert hat. Dafür wird den Studierenden ein Semester angerechnet.

Der Ansturm von Studieninteressenten übertraf die Erwartungen bei weitem: Die Anmeldungen überstiegen die Studienplätze um ein Vielfaches. An der PH Steiermark habe es etwa viermal so viele Interessentinnen für die 33 Plätze gegeben. An den zwei PHs in Linz haben sich je 180 Kindergartenpädagoginnen für je nur 35 Plätze beworben.

Nur ein Student

Insgesamt 312 Studierende haben im Oktober den berufsbegleitenden Bachelor angefangen. Nur einer von ihnen ist männlich: Nico Etschberger. Der 33-Jährige ist Quereinsteiger. Er hat erst mit 29 Jahren das Kindergartenkolleg begonnen, zuvor hat der ausgebildete Tontechniker etwa in einer Werbeagentur gearbeitet. Nun hat er seine Passion gefunden: "Ich möchte etwas im Leben von jungen Menschen bewirken", sagt er. Als er von dem Studium erfahren hat, war für ihn klar, dass er die Möglichkeit annehmen will, sich weiterzubilden.

Doch nicht nur das spricht aus seiner Sicht für das Studium. Die Akademisierung zeige "die Relevanz des Bereichs". Schließlich seien diejenigen, die heute im letzten Kindergartenjahr sind, "in zehn Jahren Wähler. Wir bauen also kontinuierlich an unserer Gesellschaft. Der Kindergarten ist die erste Bildungsinstitution", erklärt Etschberger. Er erhofft sich eine Professionalisierung und gesellschaftliche Aufwertung des Berufs, wie es sie in skandinavischen Ländern bereits gebe.

Denn die Branche ist bekannt für ihr geringes Gehalt und den niedrigen gesellschaftlichen Status – für Etschberger sind das auch die Gründe, warum heute so wenige Männer Kindergärtner werden. Dass er einer der wenigen Männer ist, war ihm klar, trotzdem überraschte es ihn, dass er als Einziger den akademischen Weg einschlägt. Doch: "Vielleicht bringt das Studium einen höheren Männeranteil, weil es dadurch mehr Aufstiegschancen und Gehalt geben könnte."

Theoretisch fundierte Ausbildung

Ursula Svoboda ist Studienleiterin der Elementarpädagogik an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz. Sie sieht das Studium als Chance, die Pädagogen auf die wachsenden Anforderungen der frühen Bildung adäquat vorzubereiten. "In einer Zeit der gesellschaftlichen Veränderung müssen Pädagogen auch verstehen, wie etwa Veränderungen der Arbeitswelt, Digitalisierung, Armut und Migration die Welt der Kinder beeinflussen. Das kann am besten in einer theoretisch fundierten Ausbildung vermittelt werden", sagt Svoboda. So fänden sich die Pädagogen auch in schwierigen Situationen besser zurecht, ihre Arbeit erhalte mehr Qualität.

Das wollen auch die Studierenden. Denn erste Ergebnisse der Begleitforschung zeigten, dass "die Mehrheit das Studium mit dem Wunsch nach einer fundierten fachlichen Weiterbildung und der Vertiefung bereits erworbener Kenntnisse verbindet", sagt Andrea Holzinger, Studiengangsleiterin an der PH Graz. Zudem erhofften sie sich mit dem Abschluss ein besseres Berufsprestige.

Die Wiener Magistratsabteilung 10 ist zuständig für Kindergärten, sie hält sich bei dem Thema noch zurück. Sie habe aber "großes Interesse an der Höherqualifizierung" der Pädagogen und fördere deren "Teilnahme an diesem und anderen akademischen Studiengängen", heißt es auf Anfrage.

Derzeit sind die Studierenden im zweiten Semester. Ob ihre Wünsche und die der Lehrenden in Erfüllung gehen, wird sich zeigen. Es ist davon auszugehen, dass es bis zu ihrem Abschluss auch Diskussionen über Veränderungen der Gehälter geben wird. (Johanna Stockreiter, 12.3.2019)