Die katholische Kirche Kärntens, die evangelische Kirche Österreichs und die altkatholische Kirche Österreichs organisierten in Klagenfurt einen Schweigemarsch.

Foto: APA/GERT EGGENBERGER

Armdrücken mit dem Kanzler.

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Klagenfurt – Der Kanzler kommt an diesem Aschermittwochabend mit großer Entourage nach Klagenfurt angereist. Im Gefolge des ÖVP-Chefs Sebastian Kurz drängen sich türkise Regierungsmitglieder, die Kärntner Landesparteiführung und EU-Spitzenkandidat Othmar Karas, und sogar der Kiewer Bürgermeister und Ex-Boxweltmeister Witali Klitschko hat sich in die Klagenfurter Messehalle bemüht. Da bleibt für den Kärntner evangelischen Superintendenten Manfred Sauer keine Zeit.

Es wäre wegen des Karfreitags gewesen, des höchsten Feiertags der evangelischen Kirche, den die Kurz'sche Regierung ersatzlos gestrichen hatte. "Es wäre eine schöne Geste gewesen, wenn Bundeskanzler Kurz unsere Erklärung zum Karfreitag und die Bitte nach einer anderen Lösung selbst entgegengenommen hätte", bedauert Sauer im Gespräch mit dem STANDARD. So muss der Kärntner ÖVP-Landesrat Martin Gruber einspringen und sich dem Schweigemarsch, der sich mit Sauer und den Vertretern der evangelischen, katholischen und altkatholischen Kirche zum "Politischen Aschermittwoch" der ÖVP in die Messehalle aufgemacht hatten, stellen – während im mit türkisen Leinwänden und weißen Sternen dekorierten großen Saal mehr als tausend Kurz-Fans der Botschaft ihres Parteiführers harren.

Ingeborg Sandner, langjähriges Parteimitglied, meint, es lohne sich zu warten: "Was das Besondere an Sebastian Kurz ist? Er ist jung, hat eine gute Aura. Wir können stolz und froh sein, dass wir ihn haben. Außerdem: FPÖ und ÖVP passen gut zusammen." Einen Stehtisch weiter im Foyer der Messe unterhalten sich zwei ältere Herren, ebenfalls lange Jahre in der ÖVP. Die Jugend sei es, die den Kanzler ausmache, sagt der eine, "wie der Hirscher beim Schifoan, ein Ausnahmetalent". Etwas anders beurteilen beide das Verhältnis zum Koalitionspartner FPÖ: "Die Freiheitlichen können das Zündeln einfach nicht lassen."

Karas gegen "Anti-EU-Populisten"

Dann endlich, nach Abspielen des neuen türkisen Werbefilms, werden Kurz, Gruber und Klitschko nach der Choreografie einer US-Boxshow in den Saal begleitet. Ab jetzt wird auf Englisch einmoderiert – im Kärntner Messesetting eine etwas schrille Idee einer Parteiinszenierung. Wie überhaupt die Bühnenpräsentation auf die Jugendlichkeit des Parteichefs abgestimmt ist und einigermaßen mit dem Durchschnittsalter des Publikums kontrastiert.

Rede von EU-Spitzenkandidat Othmar Karas.
ORF

Als Erster darf EU-Spitzenkandidat Othmar Karas auf die Bühne. Immerhin ist diese für die kleine Kärntner Landespartei überdimensional inszenierte Veranstaltung als Auftakt zur EU-Wahl gedacht. Und wohl auch als Gegenpol zum blauen Aschermittwoch in Ried.

Vorweg verbeugt sich Karas vor Kurz: "Danke, Sebastian, dass du mich wieder zum Spitzenkandidaten gemacht hast." Karas redet dem "Miteinander" in Europa das Wort, als Antwort auf "Anti-EU-Populisten und Nationalisten". Und meint damit auch die FPÖ, die er – ohne sie explizit zu nennen – für ihren Anti-EU-Kurs geißelt.

Alte grausige Politik

Karas unterstreicht seine Rolle als scharfer Gegner der FPÖ, während Parteichef Kurz wenig später den Verbinder mimt.

Nach Karas fährt auch der Kärntner Landesparteisekretär Sebastian Schuschnig schwere Geschütze gegen die FPÖ auf. Deren EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky liebäugle mit einem EU-Austritt Österreichs, das habe er mehrmals erwähnt und sei dabei von seinem Parteichef Heinz-Christian Strache unterstützt worden. Die ÖVP werde sich jedenfalls gegen "alte, grausige Politik" zur Wehr setzen.

Dann kommt der Ehrengast aus der Ukraine, der Kiewer Bürgermeister Klitschko, dran, der seine Orientierung am demokratischen Europa unterstreichen will.

Rede von Witali Klitschko, Bürgermeister von Kiew.
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Aber endlich: Kurz.

Er habe vor einem Jahr, als er hier anlässlich der Kärntner Landtagswahl erstmals am Aschermittwoch eine Rede gehalten habe, versprochen, unangenehme Reformen durchzuziehen – auch bei Gegenwind – und vor allem die illegale Migration zu reduzieren. Tosender Applaus, wie er sonst beim Thema Asyl nur bei FPÖ-Veranstaltungen zu beobachten ist.

"Wir sind stolz", sagt Kurz, "Österreich hat sich gut entwickelt", die Schuldenpolitik sei beendet, die illegale Einwanderung eingedämmt, viele Reformen seien auf den Weg gebracht. Kurz: "Die Veränderung hat begonnen."

Aschermittwoch-Rede von Bundeskanzler Sebastian Kurz.
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Mit Blickrichtung auf Klitschko mahnt Kurz, Österreich müsse für seine hohen Standards dankbar sein, man habe aber auch die "Verantwortung, andere zu unterstützen, in der Ukraine und anderswo in der Welt, die dieses Glück nicht haben".

Wenig Pfeffer

Mit dieser Anmerkung entlässt Kurz seine Kärntner Parteifreude und -freundinnen, die sich von der Aschermittwochsrede ihres Parteichefs wohl etwas mehr Pfeffer und weniger salbungs- und selbstlobende Worte erwartet hatten. Der Schlussapplaus war entsprechend. (Walter Müller aus Klagenfurt, 6.3.2019)