Für eine gleichberechtigtere Unternehmenslandschaft braucht es mehr als Quoten.

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Die sechzehnjährige Frauen- und Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai sprach während ihrer historischen Rede bei den Vereinten Nationen im Jahr 2013 die weisen Worte "Wir alle können nicht erfolgreich sein, wenn die Hälfte von uns zurückgehalten wird". Unglaublich, dass wir im 21. Jahrhundert immer noch über Fragen der Geschlechterdiversität diskutieren und Unternehmen und Regierungen von deren Wichtigkeit überzeugen müssen. Es gibt klare Argumente für mehr Frauen in Führungsrollen, aber der Fortschritt auf dem Weg dahin ist schmerzhaft langsam.

Und das, obwohl es zahlreiche Belege dafür gibt, dass Unternehmen bessere Leistungen erzielen, wenn sie Frauen im Aufsichtsrat haben. Ein Bericht der OECD aus dem Jahr 2016 zeigte beispielsweise, dass Unternehmen mit Exekutivkomitees, die aus Mitgliedern verschiedener Geschlechter bestehen, eine 47 Prozent höhere Kapitalrendite und 55 Prozent höhere Bruttoeinnahmen erzielten, als Unternehmen mit einheitlicheren Aufsichtsräten. Eine Umfrage des Harvard Business Review aus dem Jahr 2018 mit 1.700 teilnehmenden Unternehmen ergab, dass es einen "statistisch signifikanten" Zusammenhang zwischen der Diversität in der Führungsebene und vermehrter Innovation gibt.

Reichen Quoten?

Die Präsenz von mehr Frauen in Aufsichtsräten hat einen erheblichen positiven Einfluss auf die Unternehmensführung, Entscheidungsfindung und Geschäftsergebnisse. Eine aktuelle IFC-Studie in Ägypten hat verdeutlicht, dass Unternehmen mit Frauen im Aufsichtsrat eine höhere Kapital- und Investitionsrendite erzielten.

Obwohl dieses Thema inzwischen mehr Aufmerksamkeit erlangt, gibt es noch viel zu tun. In Osteuropa hatten Frauen laut der Internationalen Arbeitsorganisation bis 2016 nur 8,5 Prozent der Aufsichtsratpositionen inne. Hier in Österreich ist die Lage nicht viel besser: Nur 18 Prozent der Aufsichtsratsstellen der 200 größten Unternehmen sind mit Frauen besetzt. Im Jahr 2018 entschied sich Österreich, eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent vorzugeben. Dies führt uns zu der zentralen Frage: Reichen Quoten aus?

Beispiel Norwegen

Im Jahr 2007 wurde Norwegen zum ersten Land, das eine Quote für geschlechtsspezifische Diversität in Aufsichtsräten einführte, die vorgab, dass mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder börsennotierter Gesellschaften Frauen sein müssen. Andere europäische Länder zogen schnell nach. Obwohl Skeptiker argumentieren, dass Quoten lediglich Augenwischerei seien und nicht tatsächlich zu mehr weiblichen Führungskräften führen, waren die Ergebnisse in Norwegen positiv. Im vergangenen Jahr bestanden die Konzernaufsichtsräte Norwegens zu mehr als 40 Prozent aus Frauen, ein erheblicher Anstieg im Vergleich zu den sechs Prozent aus dem Jahr 2003.

Obgleich die Erfahrungen in Norwegen zeigen, dass Quoten Ungleichgewichte auf kurze Sicht beseitigen können, sind tiefgreifendere Veränderungen bezüglich der Geschlechtergleichstellung nur durch ein umfassendes Unterstützungsprogramm möglich.

Ungleichgewicht

Erstens ist es von zentraler Bedeutung, sicherzustellen, dass Frauen tatsächlich Teil der Belegschaft bleiben. Während es in vielen Ländern annähernd ein Gleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Berufseinsteigern gibt, entsteht im Laufe der Karrieren der Beschäftigten ein Ungleichgewicht, vor allem weil mehr Frauen aus dem Arbeitsleben ausscheiden, um sich auf die Familie zu konzentrieren.

Man kann dieser Entwicklung entgegenwirken, indem man frauen- und familienfreundliche Maßnahmen in der Arbeitswelt einführt, wie flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuungsgeld, und Frauen bei der Rückkehr in ihren Beruf unterstützt. Der IFC-Bericht aus dem Jahr 2017 Thema Kinderbetreuung zeigte die zunehmende Einsicht unter Entscheidungsträgern und Unternehmen auf, dass es vorteilhaft ist, diese Themen anzugehen.

Talenteförderung

Die zweite Herausforderung ist, Talente zu fördern, indem in die berufliche Weiterentwicklung von Frauen investiert wird. Es ist unerlässlich, weiblichen Führungskräften wichtige operative Verantwortlichkeiten zu übertragen und sie auf die Arbeit im Aufsichtsrat vorzubereiten. Beispielsweise machen Frauen in Osteuropa 25 bis 40 Prozent der mittleren und oberen Führungsebenen aus. Ein Blick hinter diese Statistik legt allerdings eine eindeutige Stratifizierung nach Geschlecht und Berufsfunktion offen. Weibliche Führungskräfte sind normalerweise für Geschäftsbereiche zuständig, die das Kerngeschäft unterstützen, während männliche Manager wesentliche operative und finanzielle Einheiten leiten.

Es gibt auch andere Unterschiede zwischen den Geschlechtern – höchstwahrscheinlich basierend auf jahrelanger Konditionierung –, die angegangen werden sollten. Selbst die erfolgreichsten und erfahrensten Frauen profitieren oft von Schulungen und Coachings, wie sie ihre Stärken nutzen können, um ihren persönlichen Führungsstil zu etablieren, und wie sie in leistungsorientierten, männlich dominierten Bereichen effektiv kommunizieren können. Unternehmen können ihren Beitrag leisten, indem sie Schulungsprogramme anpassen, um auf diese Unterschiede einzugehen.

Der Weg zu Diversität

Quoten stärken zwar das Bewusstsein für dieses Thema und helfen dabei, geschlechtsspezifische Diversität zu priorisieren und letztendlich die Anzahl weiblicher Führungskräfte zu erhöhen, sie können allerdings qualitativ nur effektiv sein, wenn sie gemeinsam mit anderen weiterreichenden Maßnahmen implementiert werden. Wenn wir das Problem vom Berufsausstieg weiblicher Talente angehen, Frauen häufiger in Führungsrollen befördern und in die berufliche Weiterentwicklung von Frauen investieren, könnte das Ergebnis in den kommenden Jahren endlich eine gleichberechtigtere Unternehmenslandschaft sein. Das wären wahrlich gute Neuigkeiten für uns alle. (Wiebke Schloemer, 8.3.2019)