Elisabethanische Figuren, die sich in "Was ihr wollt: der Film" mit Partizipationsfragen am Theater und anderswo auseinandersetzen.

Matthias Heschl

Vor Mitmachtheater haben alle Angst. Keiner will im Lichtkegel sitzen, keiner will die Hand für irgendetwas heben, geschweige denn seinen Sitzplatz verlassen. Wir wollen einfach nur zuschauen und zuhören. Genau das wird bei Was ihr wollt im Wiener Schauspielhaus vollumfänglich gewährleistet.

Und das, obwohl sich hier alles um das Thema Partizipation dreht. Nicht Shakespeares gleichnamige Verwechslungskomödie Was ihr wollt von 1602 steht auf dem Spielplan, sondern auch ein Dokumentarfilm-Making-of des Regieduos Nele Stuhler und Falk Rößler (aka Fux). Sie haben sich 2011 am Gießener Theaterinstitut formiert und bisher schon einige Erfolge gefeiert.

Schauspielhaus Wien

Wie marod ist die Demokratie?

Seit der Wohlstandskuchen zusammenbröckelt, wird vermehrt über Umverteilung und Teilhabe diskutiert. Wer darf wo mitbestimmen, und was bringt das überhaupt? Wie marod ist unsere Demokratie, wenn sie nichts zum Besseren wendet?

Was ihr wollt: der Film hätte nun ein überfrachteter und verstiegener Diskurstheaterabend mit hohem Redeaufkommen werden können, doch Stuhler und Rößler gehen die Sache saftig theatralisch an. Vorbereitet haben sie sich mit vorzüglicher Lektüre: Markus Miessens Albtraum Partizipation, Thomas Wagners Die Mitmachfalle oder Slavoj Zizeks Aufsatz Allegro moderato – Adagio. Fürchte deinen Nächsten wie dich selbst. Der schöne Kniff ist nun, das alles mit den schillernden und hoffentlich ewig lebendigen elisabethanischen Praktiken wie Burleske, Slapstick und Outrage zu verknüpfen. Es gelingt hervorragend.

Hinter der Wand

Wie läuft das ab? Stuhler/Rößler bringen sich in den Rollen von Dokumentarfilmregisseuren selbst ins Spiel und recherchieren sich in Gesprächen mit "Experten" (gespielt vom Ensemble) vergnüglich durch die Gemengelage.

In historisch verbrämten Edelmannkostümen (heute wieder verwendet als weiße Radlerleggins) umreißt das Ensemble zunächst die kurze Geschichte der Mitbestimmung am Theater, um dann hinter der portalgroßen Leinwand zu verschwinden, wo in einem verwinkelten Studio der Filmdreh abläuft und die Spieler fortan abgefilmt auf der Leinwand zu sehen sind. Nur manchmal schießen sie heraus und bringen sich live in Erinnerung.

Zukunftswerkstätten, Bürgerplattformen

Wer kommt nun in der live fabrizierten Doku vor? Ein engagiertes Theaterkollektiv tüftelt darüber, wie man das Thema Mitmachen auf der Bühne umsetzen könnte. Ein Politikwissenschafter (Steffen Link), ein ehemaliger DDR-Politiker (Simon Bauer), eine Stadtteilplanerin (Vassilissa Reznikoff) u. a. sinnieren über Formen der Beteiligung und ob die vielen Zukunftswerkstätten überhaupt etwas gebracht haben.

Mit charakterstarken Perücken und trockenem Witz wird der Mitmach-Trend durch den Kakao gezogen. Es ist zwar billig, sich an der Lächerlichkeit gewisser Partizipationsformen zu weiden. Aber es macht halt mehr Spaß. Differenzierte Sätze gibt es auch.

Am Ende hat die Theatergruppe doch noch eine Idee, wie man das Publikum "bewegen" könnte: Juckpulver auf die Sitze streuen. (Margarete Affenzeller, 8.3.2019)