Pünktlich in zeitlicher Nähe zum Weltfrauentag läuft die Literaturverfilmung des Romans "Der goldene Handschuh" von Heinz Strunk, in der es um den Frauenmörder Fritz Honka geht, in den Kinos. Strunk, der im bürgerlichen Namen Mathias Halfpape heißt, zeichnet in seinem siebenten Roman eine Charakter- und Milieustudie, in der er Abschnitte aus dem Leben des Serienmörders in den 70er-Jahren behandelt. Zentraler Schauplatz des Films wie auch des gleichnamigen Romans ist die Hamburger Kneipe "Zum goldenen Handschuh". Schnörkellos wird ein Bild von sozialer Verwahrlosung, Alkoholexzessen und auch daraus resultierender Gewaltverbrechen gegen Frauen gezeichnet.

Warner Bros. DE

Kreisky und der sozialdemokratische Höhenflug

Was haben der Roman und der damit verbundene Inhalt mit der SPÖ zu tun? Auf den ersten Blick gibt es hier keinen Zusammenhang. Etwas weiter gedacht sind die im Film gezeigten Charaktere mit ihren Sorgen und Nöten jedoch genau die Wählerschicht, die die SPÖ zu dem gemacht hat, was sie heute ist. In den im Film skizzierten 70er-Jahren war die SPÖ unter Bruno Kreisky auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Nicht zuletzt deshalb weil sie – unter starker Mitwirkung von Persönlichkeiten des Formates eines ehemaligen Justizministers Christian Broda – dazu beitrug, die Ursachen von sozialer Verwahrlosung, wie sie in Strunks Roman beschrieben wird, zu beseitigen.

Errungenschaften wie die Gleichstellung von Mann und Frau im bürgerlichen Recht (1975) und die Neuordnung der Rechtsstellung von unehelichen Kindern (1970) fielen ebenso in die goldene Ära der SPÖ wie die Tatsache, dass die Strafbarkeit der Homosexualität aufgehoben und die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruches geschaffen wurde. Aufgrund der dadurch bewirkten Veränderungen der Rahmenbedingungen, die jedes soziale Milieu in sich birgt, waren den Menschen eine Entledigung von alten Stigmata und sozialer Aufstieg in der Gesellschaft möglich. Für Frauen waren es wichtige Schritte in Richtung Selbstbestimmtheit und Ausbruch aus diversen Abhängigkeitsverhältnissen.

Relikte der Arbeiterbewegung

Doch was bleibt von der ehemals so starken Arbeiterbewegung? Fast wehmütig könnte man, wie in der von Salvatore Adamo gesungenen Schnulze "Es geht eine Träne auf Reisen", die, wie wir im Roman erfahren, zu den Lieblingsliedern Fritz Honkas zählte, in diese Zeit der Höhepunkte und Errungenschaften zurückschauen. Wo früher viele Politfunktionäre selbst aus dem Milieu der Wählerschaft stammten und somit genau wussten, wovon sie sprachen, als sie bei ihrer Arbeit versuchten Verbesserungen für die Mitmenschen zu erarbeiten, findet man heute Profiteure ohne Bezug, deren Beteuern vorhandenen Verständnisses nicht einmal von der eignen Wählerschicht angenommen wird.

Die SPÖ im 21. Jahrhundert: Konkurrenzkämpfe

Nun stehen neue und vor allem andere Herausforderungen im 21. Jahrhundert vor der SPÖ. Wobei sich die erste Parteichefin in der langen Tradition der österreichischen Sozialdemokratie nicht gerade mit einem Übermaß an Solidarität aus den eigenen Reihen konfrontiert sieht und zu allem Überfluss drei Alpha-Männer in der Gestalt von Michael Ludwig, Hans Peter Doskozil und Georg Dornauer aus der Partei ihr Gegenüber nennt, die sich mit ihrer Rolle als Oberhaupt bewusst oder unbewusst nicht wirklich identifizieren können. Die männlichen Kollegen, die sich üblicherweise sachliche Orientierung sowie Ratio und Logik auf die eigenen Fahnen schreiben, scheinen in diesem Fall den Drang des Dominierens nicht unterdrücken zu können und fordern mit ihren Handlungen die volle Aufmerksamkeit Rendi-Wagners. Dass diese Fokusverlagerung auf innerparteiliche Macht- und Revierkämpfe nicht nur dem Image sondern auch der Arbeitsqualität schaden, muss an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden, wobei man diesbezüglich auch eine gewisse Absicht vermuten könnte. Da reicht ein solidarischer weißer Ritter in Form des Kärntner Landeshauptmannes nicht aus. Vielleicht müsste sich die habilitierte Medizinerin diesbezüglich ein Vorbild an dem subtilen Killerinstinkt von Angela Merkel nehmen, um dem internen Treiben ein Ende zu setzen und weiteren Schaden an der Partei zu vermeiden.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Rendi-Wagner ist mit parteiinternen Kämpfen beschäftigt. Dadurch verliert die SPÖ den Fokus auf die Wähler.

Solidarität in der Sozialdemokratie

Fakt ist jedenfalls, dass Wähler glaubwürdige Politiker von unglaubwürdigen wahrscheinlich besser unterscheiden können, als den österreichischen Parteien lieb ist. Wer die Gleichstellung von Mann und Frau zwar herbeiführt aber nicht lebt, ist genauso fragwürdig, wie jemand, der Wasser predigt und Wein säuft. Frei nach Adamos Chanson brauchen die Menschen keinen Rat kluger Leute, um zu wissen welche Veränderungen sie zur Verbesserung ihrer Lebenssituation benötigen würden. Lediglich fehlt es an Funktionären, die das tun, wozu sie eigentlich gewählt wurden, nämlich den Wählerwillen umzusetzen. Und dabei haben ein interner Machtkampf und toxische Männlichkeit nicht viel verloren. (Daniel Witzeling, 12.3.2019)

Weitere Beiträge des Bloggers