Bild nicht mehr verfügbar.

Bei Donald Trump ist der Kunde Kronprinz. Daran kann auch ein Journalistenmord nichts ändern.

Foto: AP/Vucci

Wien/Stockholm – Inmitten der internationalen Debatte über Saudi-Arabien nach dem Tod des kritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Istanbuler Konsulat des Königreichs stellte US-Präsident Donald Trump im November klar, dass er auf die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Regime in Riad nicht verzichten wolle – ungeachtet des Schicksals Khashoggis.

Während türkische Ermittler und auch die CIA Vorwürfe gegen den Kronprinzen Mohammed bin Salman erhoben, dass er in das Verbrechen verwickelt sein könnte, schloss sich Trump dem nicht an. "Hunderte Milliarden Dollar" würden US-Unternehmen entgehen, sollte man die saudische Führung wegen des Mordes mit einem Stopp der Waffengeschäfte bestrafen.

Großabnehmer

Eine neue Studie des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri), die sich den Jahren 2014 bis 2018 widmet, belegt nun die Bedeutung des Waffenhandels zwischen den USA und dem radikalislamischen Königreich: Saudi-Arabien nahm der US-amerikanischen Rüstungsindustrie fast ein Viertel (22 Prozent) ihrer Produktion ab, die ins Ausland ging.

Noch schwerwiegender wäre laut dem unabhängigen Forschungsinstitut ein Exportstopp wohl für die britischen Hersteller: Allein auf Saudi-Arabien entfallen 44 Prozent der Rüstungsgüter, die sie ins Ausland verkaufen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die EU-Staaten rund um den Fall Khashoggi, den immer wieder von Opfern unter der Zivilbevölkerung geprägten Jemen-Krieg und den Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien selbst nicht auf ein Waffenembargo gegen Riad einigen konnten. Länder wie Dänemark und Finnland stellten ihre Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien ein, Großbritannien (auf Rang sechs bei den Exporteuren) und Frankreich aber ebenso wenig wie die USA.

Fünf Länder exportieren 75 Prozent aller Waffen

Insgesamt haben fünf Länder in den vergangenen Jahren für 75 Prozent aller Exporte von Kriegswaffen auf der Welt verantwortlich gezeichnet: die USA, Russland, Frankreich, Deutschland und China.

Die Grafik verdeutlicht die Waffenflüsse der fünf größten Waffenexporteure und ihrer 20 größten Abnehmer ("Trend Indicator Value" (TIV) in Millionen).
Der TIV des Stockholmer Instituts Sipri zeigt nicht den Warenumsatz an, sondern wird aufgrund der Anzahl und der Art der exportierten Güter und deren geschätzter Produktionskosten berechnet. (Grafik: dy)

Immer weiter abgehängt

Die USA hängten damit den Zweitplatzierten Russland in den vergangenen zehn Jahren immer weiter ab. Der russische Anteil am internationalen Waffenexport ging in dieser Zeit von 27 auf 21 Prozent zurück – vor allem weil Indien und Venezuela weniger kauften. Die Zahl der Länder, die den USA Waffen abnahmen, belief sich von 2014 bis 2018 auf mindestens 98; Russland hatte nur 48 Staaten als Kunden.

Hinter den beiden ehemaligen Supermächten folgen Frankreich, Deutschland und China mit klarem Abstand, aber relativ eng beieinander: Auf sie entfallen 6,8, 6,4 und 5,2 Prozent aller Rüstungsexporte. Im Gegensatz zu Russland konnten sie ihren Anteil erhöhen.

Die Sipri-Daten zeigen auch bei weiteren Großexporteuren eine relativ einseitige Ausrichtung auf bestimmte Absatzmärkte. So gehen 37 Prozent der chinesischen Exporte nach Pakistan und 27 Prozent der russischen Exporte nach Indien. Die beiden Atommächte stehen sich im wieder blutig aufgeflammten Konflikt um die Himalaja-Region Kaschmir gegenüber. Frankreich wiederum exportierte in den vergangenen Jahren 28 Prozent seiner Kriegswaffen nach Ägypten unter dem autokratischen Präsidenten Abdelfattah al-Sisi. Ein breiteres Feld an Abnehmern hat dagegen die deutsche Rüstungsindustrie.

Lieferungen nach Afrika zurückgegangen

Die einseitige Ausrichtung wird beim Blick auf die wichtigsten Importeure noch deutlicher: Saudi-Arabien, das für zwölf Prozent aller Waffenimporte steht, bezieht 68 Prozent seiner Waffen aus den USA. Auch der viertgrößte Importeur Australien (4,6 Prozent) beschafft sich 60 Prozent seiner Waffen in den USA. Das zweitplatzierte Indien (9,5 Prozent) sowie Algerien auf Rang fünf und China auf Rang sechs haben mit enormem Abstand Russland als wichtigsten Partner. Sie verlassen sich zu 58 beziehungsweise 66 und Peking sogar zu 70 Prozent auf den Lieferanten Moskau. Ägypten, hinter Saudi-Arabien und Indien mit 5,1 Prozent Anteil an dritter Stelle der Waffenimporteure, hat mit Frankreich (37 Prozent) und Russland (30 Prozent) zwei bedeutende Ausrüster.

Nach Weltregionen betrachtet sind die Lieferungen nach Afrika, Südamerika und Asien-Ozeanien zurückgegangen. Asien-Ozeanien blieb 2014–2018 allerdings der Raum, in den die meisten Kriegswaffen (40 Prozent, minus sieben Prozentpunkte gegenüber 2009–2013) geliefert wurden, wobei Australien mehr, das selbstproduzierende, bei bestimmten Technologien aber nach wie vor auf Importe angewiesene China sowie Indien und Pakistan weniger kauften.

Exporte nach Nahost im Steigen

Dahinter folgen die Nahostregion (35 Prozent, plus 15 Punkte) und Europa (elf Prozent, minus drei Punkte) als wichtigste Importeure. Die Rüstungslieferungen in den Nahen Osten – wo dem Sipri-Experten Pieter Wezeman zufolge insbesondere in der Golfregion "Konflikte und Spannungen grassieren" – wuchsen signifikant um 87 Prozent. Der Grund sind Saudi-Arabien und Ägypten, die ihre Importe verdreifachten, sowie die teilweise noch dramatischeren Steigerungen im Fall von Israel, Katar und dem Irak. Syrien bezog dagegen um fast die Hälfte weniger als zuvor.

Für die EU-Staaten bleiben die USA nicht zuletzt wegen nicht innerhalb der Union, sondern in Übersee bestellter Kampfjets und Raketenabwehrsysteme, die nicht nur in Europa, sondern global in der Nachfrage gestiegen sind, Hauptlieferant. Der US-Anteil an den europäischen Einkäufen in den vergangenen fünf Jahren betrug 41 Prozent. Weil Österreich weder unter den top 25 bei den Exporteuren noch unter den top 40 bei den Importeuren ist, spielt es im internationalen Handel mit Kriegswaffen nur eine sehr kleine Rolle. (flon, APA, 11.3.2019)