Stahlbauteile wie Autokarosserien und Motoreinspritzsysteme sind hohen Belastungen ausgesetzt. Um den Anforderungen gerecht zu werden, schützen spezielle Beschichtungen die Bauteile vor Verschleiß und Korrosion. Bei der Herstellung kommt es jedoch unter Druck- und Temperatureinflüssen an den Grenzflächen zu unerwünschten Effekten.

Dabei diffundiert bei Verarbeitungsschritten wie Schweißen z.B. flüssiges Zink in die Stahlphase und schwächt so die Bindungen. Im Zuge des Abkühlens und anschließenden Umformens bilden sich dadurch Risse. Diese Vorgänge im Detail zu verstehen, soll helfen, sie zu verringern oder idealerweise ganz zu verhindern. Das kürzlich eröffnete Christian-Doppler-Labor für nanoskalige Phasenumwandlungen hat sich vorgenommen, die dafür nötigen Erkenntnisse zu liefern.

Ähnliche Probleme bei Stahl und Halbleitern

"Konkret soll festgelegt werden, wie kleinste Änderungen an Materialoberflächen oder an Grenzflächen die Eigenschaften von Werkstoffen beeinflussen", sagt Laborleiter Heiko Groiß vom Zentrum für Oberflächen- und Nanoanalytik an der Johannes-Kepler-Universität Linz. Unterstützt werden die Forscher vom Wirtschaftsministerium und von den Kooperationspartnern Voestalpine Stahl und Robert Bosch AG.

Im Elektronenmikroskop sichtbare Trennung von flüssigen Zinntropfen auf kristallinem Germanium
Foto: Heiko Groiß

Neben Stahlbeschichtungen untersucht das Labor in der Stahlstadt aber auch Halbleitermaterialien, bei denen ähnliche Probleme auftreten. Silizium-Mikrochips für optische Anwendungen wollen die Wissenschafter mit dem Halbleiter Germanium-Zinn legieren und verbessern. Derzeit wird Strom verwendet, um die gespeicherte Information aus dem Mikrochip weiterzuleiten. Das führt zu Wärme- und damit Leistungsverlusten, die mit Licht als Informationsträger vermieden werden könnten. Dafür braucht es aber eine integrierte Lichtquelle im Chip, eine Eigenschaft, die für Germanium-Zinn vor einigen Jahren nachgewiesen wurde. Noch sind diese Legierungen allerdings nicht stabil genug und entmischen sich schon bei niedrigen Herstellungstemperaturen. Dieses Problem würde auch im regulären Betrieb zu einer verkürzten Lebensdauer führen und soll im neuen Forschungsprojekt ebenfalls verstanden und schlussendlich gelöst werden.

Erhöhung der Auflösung

"Dabei untersuchen wir auch live bei hohen Temperaturen im Elektronenmikroskop wie sich die Materialien auf der Nanoebene verändern", erläutert Groiß die Möglichkeiten des neuen Labors. Die verschiedenen Entmischungs-, Diffusions-, und Formationsprozesse werden dafür ex-situ (als Momentaufnahmen) und in-situ (live) unter kontrollierten thermischen Bedingungen aufgenommen. Die dabei auftretenden physikalisch-chemischen Effekte werden anschließend schichtweise beobachtet und erforscht. Dazu kooperiert das Labor auch mit dem FELMI-ZFE Graz, einem Forschungsverbund aus dem Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik und dem Zentrum für Elektronenmikroskopie an der TU Graz.

Das Vorwissen in diesem Forschungsfeld endet heute meist im Bereich von ca. zehn Nanometern und erlaubt damit noch keine Auflösung auf einzelne Atome. Ziel ist es also, diese Lücke zu schließen und die Auflösung um den Faktor 10 bis 100 zu erhöhen, um tatsächlich einzelne Atomschichten beobachten zu können. (Markus Plank, 15.3.2019)