Der Wandel der polaren Eismassen wird bereits seit den späten 1970er-Jahren per Satelliten vermessen. Um die Veränderungen des Antarktischen Eisschildes über einen Zeitraum von 40 Jahren zu bestimmen, haben Forscher nun jedoch erstmals diese frühen Daten zusammengeführt und ausgewertet. Die Resultate sind erwartungsgemäß erschreckend.

Bisherige Studien hatten die einzelne Satellitenmissionen meist isoliert voneinander betrachtet. Die Zusammenführung dieser alten Datensätze mit modernen Messungen erwies sich allerdings als äußerst komplex. In einem aufwändigen Verfahren mussten die verschiedenen Radar- oder Lasermessungen gegenseitig kalibriert und dabei die unterschiedlichen Auflösungen der Sensoren berücksichtigt werden.

Mehr Details zum südpolaren Wandel

Das Ergebnis rechtfertigt jedoch in vieler Hinsicht den Aufwand, lieferte es immerhin nicht nur deutlich mehr Details, sondern auch neue Erkenntnisse über den dramatischen Wandel am Südpol: Wie sich die Höhe des Antarktischen Eisschildes verändert hat, können die Forscher nun in einheitlichen Zeitreihen in monatlicher Auflösung betrachten.

"Für den Großteil des Eisschildes gehen die Daten bis 1992 zurück, für einen 500 Kilometer breiten Küstenstreifen, der bereits von den historischen Missionen beobachtet wurde, sogar bis 1978", erklärt Ludwig Schröder, Hauptautor der im Fachblatt "The Cryosphere" veröffentlichten Studie. "So können nun langzeitige Entwicklungen besser von Schwankungen zwischen unterschiedlichen Jahren, die beispielsweise mit dem El-Niño-Phänomen verbunden waren, getrennt werden."

Bestätigter Eisverlust

Die Unterscheidung zwischen kurzfristigen Wetterereignissen und der Klimaentwicklung ist somit einfacher. Zudem erhalten Klimaforscher mit den Zeitreihen eine wertvolle neue Forschungsgrundlage. Die Messergebnisse können auch als Kontrolle für Klimamodelle verwendet werden. "Besonders für die Zeit vor 1992 mussten sich Schätzungen von Massenänderungen bisher auf Klimamodelle verlassen", sagt Martin Horwath, Professor für Geodätische Erdsystemforschung an der TU Dresden. "Wir sehen nun, dass die Modelle oft sehr gut mit den Messungen zusammenpassen. Wo wir Diskrepanzen vorfinden, ist dies ein Anlass, Modellannahmen zu hinterfragen." Überprüft wurden die Satellitenmessungen unter anderem mit Höhenprofilen, die unter Beteiligung der TU Dresden auf dem Eisschild gemessen wurden.

Schröde sieht mit der Studie einen deutlichen Eismassenverlust seit den 1990er-Jahren für den Antarktischen Eisschild als Ganzes bestätigt. "Ursache dafür ist die Beschleunigung vieler Ausflussgletscher, wie frühere Detailstudien bereits belegen. Die Eismassenverluste betrugen im Zeitraum 1992 bis 2017 durchschnittlich 85 Milliarden Tonnen pro Jahr. Seit 2010 haben sich diese Verluste jedoch in einigen Regionen stark beschleunigt, so dass wir für den Zeitraum 2010 bis 2017 deutlich größere Raten von 137 Milliarden Tonnen pro Jahr beobachten." Eine Milliarde Tonnen entspricht der Masse von einem Kubikkilometer Wasser. (red, 13.3.2019)