Harald Vilimsky denkt laut über eine Neuordnung des rechten Flügels im EU-Parlament nach. Die genaue Zusammensetzung steht aber noch in den Sternen. "Alles ist im Fluss", sagt Vilimsky.

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FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky hat einen Traum. Die Europawahlen Ende Mai sollten quer durch alle EU-Mitgliedsländer nicht nur Zugewinne bei konservativen, rechtspopulistischen bis ganz rechten Parteien bringen. Nach dem Wahltag am 26. Mai würden sich dann im EU-Parlament auch noch ganz neue Möglichkeiten der Fraktionsbildung ergeben, schwärmte er Anfang der Woche am Rande der Plenarsitzung in Straßburg im Gespräch mit Journalisten.

"Wir könnten die Politik des Hauses ganz neu ausrichten", sagte er, "das Haus aufmischen." Und er meinte nicht die Hausordnung in Straßburg, sondern die politische Agenda der Union.

Nachgefragt, wie das zu verstehen sei, dieses "Aufmischen", erklärte er, wie dringend nötig Reformen der EU seien, eine Reduzierung der Zahl der Abgeordneten, ebenso der EU-Kommission. Vor allem müssten die Kompetenzen der EU-Zentralbehörde gestutzt werden, die Nationalstaaten gestärkt. Da müsste es Akzente geben, "frischen Wind".

Parlament aufmischen

Dazu ist seine Fraktion, die sich "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF) nennt, im Moment nicht in der Lage. Sie stellt nur 37 von insgesamt 751 Abgeordneten und wird ganz von der früher Front National genannten Delegation von Marine Le Pen aus Frankreich dominiert, sie hat mehr als 20 Mandate. Alle anderen Fraktionen des Parlaments verweigern der ENF jede Kooperation, weil sie als "extrem rechts" angesehen wird.

Mit dabei ist neben der FPÖ auch die Lega des italienischen Vizepremiers Matteo Salvini mit sechs Mandaten. Vilimsky findet die Verweigerung durch die übrigen Fraktionen ungerecht, räumt aber ein, dass man "isoliert ist". Bisher. Nicht zuletzt durch den drohenden Ausschluss von Viktor Orbáns Fidesz bei den Christdemokraten (EVP) sieht der FPÖ-Abgeordnete aber eine andere Zukunft: "Dieser Disput bringt eine neue Dynamik, die so nicht abzusehen war." Orbán habe sich mit dem Chef der polnischen PiS-Partei, Jaroslaw Kaczynski, getroffen, um über Möglichkeiten zu reden. Die PiS ist aber Mitglied in der Fraktion der "Konservativen und Reformer" (ECR), angeführt von Tories, die mit dem Brexit aus dem Parlament ausscheiden sollen. Die ECR ist mit 67 Mandaten immerhin die drittstärkste Fraktion.

Darin sieht Vilimsky eine Chance. Die ECR werde ohne Briten "wohl nicht mehr aufrechtzuerhalten sein". Daher sei es für ihn nur logisch, Orbán wie der PiS ein Angebot zu machen. Es gebe Gespräche, "alles ist im Fluss".

Rechtsfraktion ohne Extreme

Der Generalsekretär: "Vier Länder, Italien und Österreich könnten mit Polen und Ungarn einen Block bilden" – und aufmischen. Die Lega dürfte 30 Mandate dazugewinnen, Fidesz erneut zulegen, wobei sie und die PiS die Regierungen in Polen anführen – bei EU-Gipfeln Vetomächte.

Erstes Ziel von Vilimsky ist es, aus allen drei Fraktionen (ENF, ECR und der Fraktion des britischen EU-Skeptikers Nigel Farage, der ausscheidet) eine große rechte Fraktion zu formen, aus 15 Ländern: "Das Ziel sind 100 bis 150 Mandate."

Sollte die "Großfraktion" nicht klappen, weil es bei Konservativen etwa Vorbehalte gegen extrem rechte Parteien bei der ENF gibt, etwa den Front National oder Belgiens Vlaams Belang, scheint auch ein Wechsel der FPÖ ins seriösere Lager der Konservativen möglich. "Alles fließt", sagt Vilimsky dazu nur. In Straßburg mit Orbán und den Polen zu gehen und vielleicht einem Premier Salvini nach Neuwahlen in Italien könnte für die FPÖ die Isolation beenden. (Thomas Mayer, 14.3.2019)