Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer kommt wegen eines Einkaufszentrums in Bedrängnis.

Foto: APA/Scheriau

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl genießt in der steirischen ÖVP höchste Sympathien.

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Graz – Der legistische Streit um alte Genehmigungen für ein Einkaufszentrum südlich von Graz, das größte im Bundesland, bringt die steirische ÖVP ordentlich ins Schlingern – und befeuert im Vorfeld der Landtagswahl 2020 den Machtkampf innerhalb der Landespartei.

Das Einkaufszentrum, die Shopping City Seiersberg (SCS), steht seit Jahren rechtlich auf sehr dünnem Eis. Volksanwaltschaft, Höchstgericht und der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) weisen immer wieder darauf hin, dass die Rechtskonstruktion der Mall mit den fraglichen Übergängen zwischen den einzelnen Shoppingarealen nicht rechtskonform sei. Die schwarz-rote Landeskoalition bastelt inzwischen an Änderungen des Raumordnungs- und Baugesetzes, um das Center im Nachhinein rechtlich abzusichern. Das wiederum treibt einen tiefen Spalt in die ÖVP.

Während Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) es nachträglich legalisieren will, stemmt sich Nagl weiterhin vehement gegen das Einkaufszentrum vor der Haustür von Graz. Es ist nicht die einzige Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden.

Im Hintergrund des Zwistes steht seit langem auch der Kampf um die künftige Führung der Partei. Nagl spielt in der Frage der Nachfolge Schützenhöfers eine zentrale Rolle. Schützenhöfer möchte seinen politischen Ziehsohn, Landesrat Christopher Drexler, als seinen Thronfolger installieren – entweder noch vor oder kurz nach der Landtagswahl, wird spekuliert. Hinter den Kulissen soll aber mittlerweile auch Siegfried Nagl sein Interesse angemeldet haben. Was Schützenhöfer in die Bredouille bringt.

Nagl in Umfrage vorn

Denn Nagl ist in der Partei äußerst beliebt, wie auch ein Teilergebnis der jüngst veröffentlichten STANDARD-Umfrage für die Steiermark zeigt. Gefragt, wer der geeignetste Nachfolger Schützenhöfers sei, nannten 31 Prozent Nagl und nur elf Prozent Drexler. In der Gruppe der ÖVP-Sympathisanten sieht das Ergebnis noch drastischer aus: 43 Prozent der ÖVP-Anhänger wollen Nagl als Nachfolger sehen, nur 14 Prozent Drexler.

Vor dem Hintergrund dieses Tauziehens um die Schützenhöfer-Nachfolge dürfte auch der jüngste Eklat um eine umstrittene enge PR-Beraterin Nagls zu interpretieren sein. Ihr wurde von den lokalen Medien eine Whistleblowerseite à la Silberstein gegen das Shoppingcenter zugeordnet. In der städtischen ÖVP war von "Intrige" die Rede, Nagl trennte sich umgehend von ihr, um nicht "angepatzt" zu werden.

"Pest-Cholera-Entscheidung"

Schützenhöfer dürfte die Causa des Einkaufszentrums jedenfalls jahrelang unterschätzt haben, denn jetzt steht er in Seiersberg vor einer "Pest-Cholera-Entscheidung": Planiert er gemeinsam mit der SPÖ die Rechtssituation, ist nicht auszuschließen, dass die SCS von den Eigentümern umgehend verkauft wird. Keine gute Optik.

Saniert er die Rechtsgrundlage nicht, stünden das Einkaufszentrum und 2.100 Mitarbeiter auf dem Spiel. Und das kurz vor der Landtagswahl. (Walter Müller, 14.3.2019)