Wien – Was soll jungen Menschen während der Schulzeit erlaubt sein? Ist es vertretbar, wenn sie, statt die Schulbank zu drücken, für den Klimaschutz demonstrieren? Über diese Fragen haben am Donnerstagabend die Co-Organisatorin der "Fridays for Future"-Proteste in Österreich, Katharina Rogenhofer, und der Chef der Jungen ÖVP in Niederösterreich, Bernard Heinreichsberger, gestritten.

DER STANDARD

Heinreichsberger hatte diese Woche die Organisatoren der Demo direkt angegriffen und via Aussendung erklärt: Schule schwänzen geht nicht, auch nicht für den Klimaschutz. Er verlangte, die Proteste in die Freizeit zu verschieben.

Rogenhofer widersprach gleich am Anfang: "Es stimmt schon, dass Demonstration auch am Freitagabend oder am Samstag stattfinden könnten. Aber das reicht nicht mehr."

Vorbild für die Demos in Österreich und vielen anderen Ländern sind die Proteste der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg, die seit einigen Monaten immer freitags vor dem Parlament protestiert. "Hätte sie das am Wochenende gemacht, hätte es nicht so für Furore gesorgt. Für uns sind die Proteste ein Druckmittel, damit jetzt schnell etwas passiert", sagt Rogenhofer.

Jede Minute für Bildung

Heinreichsberger dagegen meint, dass mehr Menschen mitmachen dürften, wenn die Demos nicht am Vormittag stattfinden würden. Auch er unterstütze die Anliegen. "Ich finde es aber nicht legitim, Demonstrationen während des Unterrichts zu machen, wenn das Thema eines ist, das außerhalb der Schule liegt." Und: "Wir brauchen jede Minute für Bildung in der Schule." Aber: Er sprach sich gegen Strafen für Eltern von Pflichtschülern aus, die zur Demo gehen. Besser sei, das persönliche Gespräch mit Eltern und Schülern zu suchen.

Was ist Bildung?

Rogenhofer dagegen argumentierte, dass sie die Aufgabe von Bildung ganz anders sieht, viel "ganzheitlicher". Politisches Engagement sei ein wesentlicher Teil der Bildung. Gerade angesichts der Klimakatastrophe, angesichts katastrophaler Dürre- und Hitzeperioden, sei Aktivismus gefragt, selbst wenn man dafür ein Risiko in Kauf nimmt. Die Lösungen für die Klimakrise liege überdies auf dem Tisch, da braucht es gar keine Experten mehr, sondern politische Maßnahmen. Sie kritisierte auch Heinreichsberger, weil er das wichtige Thema auf die Frage "Schwänzen ja oder nein?" reduziere. Ziel der Bewegung sei nun "zu streiken, bis ihr handelt".

Kein Freibrief

Aber würde Heinreichsberger dafür plädieren, die Gesetze zu ändern, um Schülern doch die Teilnahme an Demonstration während der Schulzeit zu erlauben? Nein, das sei Anlassgesetzgebung, so der ÖVP-Politiker. "Wenn man eine Tür öffnet, öffnet man auch andere. Wer entscheidet in Zukunft, wofür man freibekommt? Schule soll ein kritischer, aber neutraler Ort sein. Es kann keinen Freibrief für Demonstrationen geben." Sehen Sie außerdem im Video: Wie denken die Gäste über Tempo 140 auf den Autobahnen? Und was sind die genauen Anliegen von "Fridays for Future" in Österreich? (red, 14.3.2019)