FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache weiß eine satte Mehrheit der freiheitlichen Wähler hinter sich und seiner Linie für die Partei.

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Heinz-Christian Strache ist vieles zuzutrauen, eines aber sicher nicht: dass er die FPÖ nach links führen könnte. In der jüngsten Market-Umfrage für den STANDARD haben nur zwei Prozent der 804 repräsentativ ausgewählten Befragten voll und ganz der Aussage zugestimmt, dass Strache seine Partei nach links führen würde, weitere sieben Prozent können der Idee zumindest ein wenig abgewinnen.

Es geht nach Ansicht der Befragten klar in die Gegenrichtung: Der Aussage "Heinz-Christian Strache wird die FPÖ in Zukunft nach rechts führen" stimmen 25 Prozent völlig, 24 Prozent teilweise zu. Die Anhänger der Oppositionsparteien äußern in besonders hohem Maße die Erwartung, dass es noch weiter nach rechts gehen wird.

Die Umfrage folgt einem Schema, nach dem DER STANDARD jeweils mit gewissem Abstand zur Nationalratswahl die Wahrnehmung der politischen Parteien in der Öffentlichkeit erhebt. Zuletzt war in dieser Befragungsreihe die SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (im September 2018, nach dem Rücktritt von Christian Kern als Parteichef) und ihre Partei (im November 2018 zum SPÖ-Parteitag) dran. Die letzte derartige Positionsbestimmung der Freiheitlichen datiert vom Oktober 2016 – da waren sie noch in Opposition.

Damals wurde die Aussage abgefragt, dass die Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Österreichs Ansehen schaden würde. Das meinten damals 51 Prozent, inzwischen ist der Wert auf 45 Prozent zurückgegangen, was statistisch signifikant ist. Nur 33 Prozent meinten damals, dass eine FPÖ-Regierungsbeteiligung dem Ansehen Österreichs nicht schaden würde – dieser Wert ist auf 40 Prozent gestiegen.

Sinneswandel in der ÖVP

Die Erklärung findet sich in einem Meinungsumschwung unter den ÖVP-Wählern: "Vor zweieinhalb Jahren war noch eine recht deutliche Mehrheit der ÖVP-Anhänger der Ansicht, dass es für das Image Österreichs schlecht wäre, wenn man die Freiheitlichen in die Regierung holt. Das hat sich umgekehrt. Von den heutigen ÖVP-Anhängern sieht nur noch etwa ein Viertel einen negativen Einfluss der Freiheitlichen auf Österreichs Ansehen, rund zwei Drittel der ÖVP-Wähler aber nehmen kein derartiges Problem mit ihrem jetzigen Koalitionspartner wahr", sagt Market-Institutsleiter David Pfarrhofer.

Ist also die FPÖ eine Partei wie jede andere? Auch das wurde im Auftrag des STANDARD wiederholt abgefragt – mit gleichem Ergebnis wie vor zweieinhalb Jahren. Damals wie heute meinen 37 bis 38 Prozent, dass die FPÖ eine ganz gewöhnliche Partei wäre, jeder zweite Befragte lehnt die Ansicht dezidiert ab.

Auch hier hat es aber eine Verschiebung der Perspektiven gegeben: "ÖVP-Anhänger nehmen eine Normalisierung an, die sitzen ja quasi mit der FPÖ in einem Boot. Anhänger der heutigen Oppositionsparteien sind umso stärker davon überzeugt, dass die FPÖ eine Sonderrolle hat. Und zwar eine negative", liest Pfarrhofer aus den Daten.

Vermutete Skandale

Deutlich wird das, wenn man die Beurteilung der Aussage "Freiheitlichen-Politiker waren vielfach in Skandale verwickelt" betrachtet: Diese Meinung halten 63 Prozent für richtig, es ist überhaupt die Ansicht mit der höchsten Zustimmung – und da liegt die Meinung in der ÖVP-Wählerschaft im Durchschnitt, die der Oppositionsanhänger aber weit darüber. Dass die Freiheitlichen andererseits (als sie selber noch Opposition waren) viele Skandale aufgedeckt haben, wurde ihnen 2016 von 38 Prozent der Befragten zugutegehalten, jetzt nur noch von 29 Prozent.

Auf eine gespaltene Meinung stoßen die Meinungsforscher, wenn es darum geht, ob die freiheitliche Regierungsbeteiligung ihrerseits die österreichische Gesellschaft spaltet. Genau 50 Prozent stimmen der Aussage derzeit zu – junge Befragte und Städter in überdurchschnittlichem Maß. Das ist einerseits ein Rückgang im Vergleich zum Jahr 2016 – da erwarteten noch die Hälfte der ÖVP-Wähler und ein beinahe ebenso hoher Anteil der erklärten Freiheitlichen eine Spaltung der Gesellschaft durch einen Regierungseintritt der FPÖ. Jetzt, nachdem dieser Regierungseintritt vollzogen ist, sehen das Türkise und Blaue deutlich entspannter.

Andererseits lohnt hier der Vergleich mit der SPÖ: Dass diese als Regierungspartei die Gesellschaft spalte, nehmen nur 24 Prozent an. Aber die SPÖ wird ja auch viel eher als die FPÖ für "eine Partei wie jede andere" gehalten, nämlich von 51 Prozent (der FPÖ-Wert liegt, wie oben dargestellt, nur bei 38 Prozent).

Und wie steht es mit dem freiheitlichen Selbstbild, eine Partei der Anständigen zu sein? Schlecht. Der Aussage "Die Freiheitlichen stehen für Anstand in der Politik" stimmen nur 18 Prozent (allerdings 62 Prozent der eigenen Wähler) zu. Aber in diesem Punkt hat sich auch die SPÖ nicht sehr hervorgetan, ihr attestierten im Herbst auch nur 28 Prozent, sie stehe für Anstand.

Wofür Strache steht

Market fragte auch nach dem Image von FPÖ-Chef Strache. Hier die auffallendsten Ergebnisse:

  • 46 Prozent stimmen voll und ganz, 31 Prozent teilweise der Meinung zu, dass er gut zur Wählerschaft der FPÖ passe. Pamela Rendi-Wagner hatte (zumindest als sie die sozialdemokratische Parteiführung übernommen hat) mit elf plus 32 Prozent deutlich bescheidenere Werte bezüglich ihrer Partei.
  • 28 plus 19 Prozent meinen, Strache könne im direkten Vergleich mit Pamela Rendi-Wagner bestehen. Allerdings: Nur zwölf Prozent stimmen voll und ganz der Aussage zu, Strache könne im direkten Vergleich mit Sebastian Kurz bestehen, dazu kommen 26 Prozent, die dem immerhin teilweise zustimmen würden. Und, wieder im Vergleich mit der Herbstumfrage zur SPÖ: Rendi-Wagner wird etwa gleich viel im direkten Vergleich mit dem Bundeskanzler zugetraut.
  • Die Aussage "Durch Heinz-Christian Strache kann die FPÖ die Kanzlerposition bei der nächsten Nationalratswahl erobern" halten nur neun Prozent für völlig realistisch, 17 Prozent für teilweise. Auch hier liegt Strache weder besser noch schlechter als Rendi-Wagner. Immerhin seine eigenen FPÖ-Anhänger sind mit 36 plus 33 Prozent geneigt, mehr oder weniger stark an eine Kanzlerschaft Straches nach der nächsten Nationalratswahl zu glauben.
  • Was Politikforscher Pfarrhofer allerdings für wichtig hält, ist die Geschlossenheit der Partei – und die sei gegeben. Der Aussage "Die FPÖ steht geschlossen hinter Heinz-Christian Strache" stimmen 28 Prozent völlig und 33 Prozent teilweise zu – betrachtet man nur die FPÖ-Wähler, so summieren sich 50 plus 35 Prozent auf satte 85 Prozent. Genauso stark (64 plus 21 Prozent) stimmen erklärte Freiheitliche der Aussage zu, dass Heinz-Christian Strache "die beste Wahl für die FPÖ" sei. (Conrad Seidl, 18.3.2019)